Deutschland: Zunehmende Konzentration im Maklergeschäft

Waren es in der Vergangenheit vorrangig international ausgerichtete Sozietäten und Wirtschaftsprüfer, die in Deutschland eine ausgeprägte Konzentrationswelle zu spüren bekamen, so greift dieser Trend nun auch auf Beratungs- und Maklergesellschaften in der Immobilienbranche über. Die Begehrlichkeiten international erfolgreicher Immobiliengruppen nehmen zu. Derzeit, so Helge T. Strobel, Geschäftsführer der COMFORT Holding GmbH, vergeht kaum ein Monat, ohne dass bekannt wird, dass ein englischer oder amerikanischer Full-Service-Immobilienkonzern mit integrierter Maklergesellschaft irgendwo einen Mitbewerber geschluckt hat, ein komplettes Team eines deutschen Maklerunternehmens zu einem ausländischen Konkurrenten wechselt oder gar ganze Filialen oder Regionalgesellschaften zu angelsächsischen Konkurrenten wechseln.

Das ist aus Sicht derer, die übernehmen, nicht weiter verwunderlich. Die Unternehmen folgen ihren Kunden, die mehr und mehr den Weg nach Deutschland suchen und erkaufen sich Know-how für den deutschen Markt und die erforderliche Flexibilität und notwendige Schnelligkeit um mit den traditionell vor Ort agierenden Unternehmen mithalten zu können.

Die Motivation für Wechsel zu Unternehmen wie Jones Lang LaSalle (JLL), CB Richard Ellis (CBRE) oder Cushman & Wakefield (C&W) ist Strobels Ansicht nach meist weniger vielschichtig als man denkt. Der „Duft der großen weiten Welt“, die Möglichkeiten einer Karriere in einem international tätigen Unternehmen und die im Vergleich zu deutschen Maklerunternehmen unterschiedliche Vergütungsstruktur mit teilweise höheren Fixanteilen spielen ebenso eine entscheidende Rolle wie die Vernetzung eines internationalen Netzwerkes und die sich hieraus mutmaßlich ergebenden besseren Geschäftsmöglichkeiten.

„Die Wirklichkeit sieht dann, wie man in diesen Tagen ebenso regelmäßig der einschlägigen Presse wie den so genannten gut unterrichteten Kreisen entnehmen kann, meist anders aus.“

sagt Strobel.

Die Integration der gekauften Unternehmen, Büros oder einzelner Mitarbeiter gelingt eben nicht so problemlos, wie dies erhofft wurde, sondern stellt alle Beteiligten vor eine anspruchsvolle Managementaufgabe, die nicht immer zur Zufriedenheit gelöst werden kann.

„Auf Seiten der institutionellen inländischen Marktteilnehmer wird die Entwicklung dennoch nicht selten positiv beurteilt, weil man glaubt, Vorteile für das eigene Unternehmen ausmachen zu können.“

erklärt Strobel. Hatten solche Marktteilnehmer in der Vergangenheit eher mit verschiedenen Spezialisten für unterschiedliche Aufgabenstellungen beim Management des Immobilienportfolios zusammengearbeitet, beispielsweise einem Profi für Büroimmobilien bei Vermietung und Verkauf, dem Einzelhandelsspezialisten für Konzeption und Vertrieb der Immobilie in 1A-Lage oder dem Spezialanbieter für Managementleistungen für ein Shoppingcenter, hofft man nun, die Anzahl der Kooperationspartner drastisch reduzieren zu können, weil man mit Full-Service-Anbieter zusammenarbeitet. Dies, so die einhellige Meinung, ließe sich dann leichter steuern, weil man sich nur an einen Dienstleister binde und die eigene Belegschaft womöglich sogar sukzessiv verkleinert werden könne. Im Ergebnis also gleicher Ertrag mit viel weniger Aufwand.

„Das dies tatsächlich so eintrifft, muss stark bezweifelt werden.“

meint Strobel.

„Für einen weltweit operierenden Industriekonzern oder auch für ein Immobilienunternehmen mit ausländischen Geschäftsaktivitäten mag die Zusammenarbeit mit international tätigen oder vernetzten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften oder Anwaltskanzleien bestimmt sinnvoll sein. Dies lässt sich jedoch nicht in gleichem Maße auf die Situation in der Immobilienwirtschaft übertragen.“

Denn das Immobiliengeschäft, auch wenn man die Immobilie als Finanzprodukt betrachtet, ist und bleibt ein lokales Geschäft. Eine Desktop Entscheidung für ein Immobilienengagement, selbst vor dem Hintergrund perfekt und vollständig ausgestatteter Datenräume, ist nicht vor Fehlentscheidungen gefeit, die auf fehlendes lokales Know-how zurück gehen. Die teilweise unglücklichen Engagements internationaler Finanzinvestoren in den letzten Jahren und die heute vielfach notwendigen Korrekturen dieser, was ihre Bewertung angeht, sprechen für sich.

Erfahrene Immobilienprofis haben sich ohnehin gewundert, wie teilweise jungdynamische High Potentials mit Gel-Frisur, Laptop und Senatorkarte „dies alles rechnen können“. Heute, so Strobel, weiß man: Meist konnten sie es nicht. Im Ergebnis ist eine Immobilie eben doch kein reines Finanzprodukt, das sich von jedem Ort der Welt punktgenau kalkulieren lässt, weil die Rahmenbedingungen vergleichbar sind. In der Realität muss sich eine Immobile an ihrem jeweiligen Standort wirtschaftlich darstellen. Und zwar unter den verschiedensten Rahmenbedingungen. Bei der Bewertung ist ein Spezialist erforderlich, der diese Herausforderung vor Ort und unter Zuhilfenahme seines ganzen Wissens und seines Netzwerkes bewältigen kann.

So gesehen erscheint der Schritt ausländischer Marktteilnehmer, deutsche Wettbewerber aufzukaufen oder zumindest deren Mitarbeiter abzuwerben, logisch und konsequent. Und – wie bereits erwähnt – auch einige deutsche institutionelle Marktteilnehmer sehen Vorteile in dieser Entwicklung. Nur noch ein oder zumindest deutlich weniger als fünf Dienstleistungspartner lautet für viele das mittelfristige Ziel. Dieser Partner, so die Vorstellung, soll dann aber auch alles ebenso exzellent beherrschen, wie ein Spezialist in seinem jeweiligen Marktsegment.

Die Wirklichkeit – auch dies wurde bereits erwähnt – wird wohl anders aussehen. Die Erfahrung zeigt, dass derjenige, der alles kann, eigentlich nichts richtig kann und insbesondere bei Spezialthemen immer nur an der Oberfläche kratzt.

Probleme wie dieses aber werden von den nun in der Entstehung begriffenen Unternehmen aus nachvollziehbaren Gründen nicht thematisiert. Stattdessen, sagt Strobel, wird man nicht müde, auf die enorme Bedeutung eines internationalen Netzwerks hinzuweisen. Wie wichtig ist dieses internationale Netzwerk jedoch wirklich?

Natürlich ist es wichtig.“ räumt Strobel ein. Dennoch: Der deutsche Immobilienmarkt wird seit Jahrzehnten mehrheitlich von inländischen Marktteilnehmern dominiert. Und so ist es auch nun wieder. Die in erster Linie vor einigen Jahren von (zumeist internationalen) Finanzjongleuren erworbenen Immobilien werden nun von deutschen Immobilienunternehmen und klassischen privaten und institutionellen Kapitalanleger wieder eingesammelt. Diese schauen traditionell auf die Qualität der erworbenen Immobilien und für diese ist es auch selbstverständlich, sich jenseits von kalkulatorischen Berechnungen die Immobilien anzuschauen und sich mit Fachleuten auszutauschen, die ihr lokales Geschäft verstehen. Deutsche Maklerunternehmen verfügen überdies nicht erst seit kurzem über ausgezeichnete Kontakte zu ausländischen Kapitalanlegern und international tätigen Filialunternehmen. Aus diesem Grund haben sie in den vergangenen Jahren auch samt und sonders sehr gute Geschäfte im Bereich Investment verbuchen können.

Ein Kuchen, an dem international erfolgreiche Unternehmen wie JLL, CBRE oder C&W natürlich schon immer ihren Anteil haben wollten und daher bei der Akquisition von Unternehmen und Mitarbeitern scharfe Geschütze auffahren. Denn in diesen Unternehmen kann die Akquisition eines Einzelhandelsmaklers aus Deutschland natürlich auch schon einmal eine Zeit lang querfinanziert werden. Ausländische Maklerunternehmen locken derzeit mit kommoden Vergütungsstrukturen und Mondpreisen für den Ankauf von Wettbewerbern.

Die hierfür erforderlichen Budgets werden von der Konzernleitung vor dem Hintergrund freigegeben, dass man sich nach einigen weniger erfolgreichen Anläufen nunmehr endlich mit aller Macht auf dem deutschen Markt etablieren möchte. Dabei werden auch relativ unerfahrene Mitarbeiter mit bis zum dreifachen der in Deutschland gezahlten Festgehälter angeworben. Offensichtlich muss hier der „Return“ erst einmal nicht stimmen. Solche Akquisitionen sollen wohl ausschließlich den Wettbewerb schwächen und das eigene Unternehmen am Markt sichtbarer erscheinen lassen.

„Bleibt die Frage“ meint Strobel, „ab wann und in welchem Umfang Gewinne erwartet werden und die „Young Professionals“ oder akquirierten Unternehmen „performen“ müssen?“

Bei deutschen Insidern löst die Vorgehensweise der Ausländer zumeist Unverständnis und Kopfschütteln aus. Böse Zungen reden bei den im Markt kolportierten Gehältern gar von Schmerzensgeldern, die als Kompensation für fehlende Vernetzung im deutschen Markt gezahlt werden. In der Vergangenheit wurden eilig zusammen gewürfelte Retail-Abteilungen zudem nach einigen Jahren evidenter Erfolglosigkeit in der Regel vom Mutterkonzern dann auch wieder eingestampft.

Da erscheint der Kauf eines ganzen Unternehmens schon eher als erfolgsträchtige Variante. Zumindest kauft man eine Marke, ein etabliertes Team und eine seit Jahrzehnten aufgebaute und akribisch gepflegte Datenbank, die an sich schon einen hohen Wert darstellt. Bei Unternehmen aus dem Einzelhandelsbereich findet man hier wichtige Informationen. Wem gehören die 15.000 interessanten Immobilien in den deutschen 1A-Lagen? Wer sind und wie erreiche ich deren Eigentümer? Wer ist der aktuelle Mieter, welche Miete wird bezahlt und wie lange läuft der Mietvertrag noch?

Nach diesem Muster hat unlängst ein angelsächsisches Unternehmen einen deutschen Marktteilnehmer gekauft, der in seinem Marktbereich den Anspruch auf Marktführerschaft erhebt. Mit Erstaunen lässt sich verfolgen, dass nun mehr und mehr durchsickert, dass die neue und die integrierte alte Geschäftsführung ganz unterschiedliche Auffassungen über Strategie und Definition des Kerngeschäftes haben.

Seit Jahren in diesem Unternehmen erfolgreich tätige Mitarbeiter laufen in Scharen davon, weil der Prozess der Integration offenbar mit persönlich nicht zu akzeptierenden Konsequenzen verbunden ist. Dass die eingekaufte und seit Jahrzehnten professionell aufgebaute Marke zunächst mit dem neuen Firmennamen verbunden wurde, um nun mutmaßlich in wenigen Jahren vollständig zu verschwinden, wäre der letzte konsequente Schritt einer misslungenen Integration. Die Vergangenheit hat zumindest gezeigt, dass dies bei besagtem Unternehmen immer so gehandhabt wurde. Gerade hier liegt der Kardinalfehler. Die Spezialisierung, die bislang die Marktführerschaft sicherte, wird in dem Integrationsprozess so weit aufgelöst, dass am Ende wieder nur ein international tätiges Makler- und Beratungsunternehmen mit einer Retail-Abteilung in Deutschland existiert. Und ein ausgewiesener Spezialist weniger.

So bleibt die vermutlich nicht allzu gewagte Prognose, dass auch die deutschen Bestandshalter wie Privateigentümer, institutionelle Kapitalanleger ebenso wie die sogenannten Corporates, also Eigentümer von Unternehmensimmobilien, früher oder später wieder zunehmend auf deutsche Spezialisten zurückgreifen werden. Zum einen, erklärt Strobel, weil sich die neu formierten Unternehmen schon zu diesem frühen Zeitpunkt in einem Auflösungsprozess befinden. Und zum anderen weil sich es deren Auftraggeber auf Dauer nicht erlauben können, in den hoch spezialisierten Marktbereichen nur durchschnittliche Ergebnisse zu erreichen und dauerhaft optimale Ergebnisse zu verfehlen.

Quelle: Comfort, 18.07.2008