Während die Kurse von Immobilien-Aktiengesellschaften nach einer kurzen Erholung auf Tiefst-Level weiterhin den Boden suchen und der Dax die 4.000er Hemmschwelle auch geschafft hat, verhält sich der bekannte opportunistische Investor Clemens Vedder antizyklisch. Letzte Woche meldete er, über einen Anteil von 5,1% der IVG-Aktien zu verfügen. Der Immobilienbrief hat mit ihm vor dem aktuellen Dax-Sturz ein Exklusiv-Interview geführt.
“Der Immobilienbrief“: Hr. Vedder, Sie haben zuletzt Ihren Anteil und den von Goldsmith an der IVG Immobilien AG auf über 5% aufgestockt. Welchen Ansatz verfolgen Sie bei diesem Investment?
Vedder: Erwarten Sie bitte von mir keine finanzanalytischen Ergüsse, die haben eine Vielzahl so genannter Professionals schon zuhauf von sich gegeben, als der Kurs der IVG-Aktie sich noch in anderen Sphären bewegte. Um es auf den Punkt zu bringen: Goldsmith verfolgt einen opportunistischen Ansatz. Wir haben es bei der IVG mit einer durch die fehlgeschlagene REIT-Spekulation hochverschuldeten Gesellschaft mit durchweg ordentlichen Immobilien zu tun, die zum Teil zu teuer eingekauft wurden. Nach einem Kursverlust von in der Spitze rund 90% liegt die Börsenkapitalisierung der IVG deutlich unter dem inneren Wert des Unternehmens. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, gilt es die Verschuldung drastisch zu reduzieren. Die Notwendigkeit ist in Bonn erkannt, die Umsetzung läuft. Wir sind sicher, dass dieser Prozess greifen wird. Um dies nach außen zweifelsfrei zu dokumentieren, würde ich einen Dividendenausfall bei IVG explizit begrüßen.
“Der Immobilienbrief“: Der Weg, neue Eigenmittel ein zu werben, ist für das Gros der börsennotierten Gesellschaften derzeit verschlossen. Könnten Sie sich für eine Eigenkapitalzufuhr bei der IVG erwärmen?
Vedder: Bevor wir hierüber sprechen, muss die Gesellschaft durch harte Fakten belegen, dass sie den Konsolidierungskurs zügig und konsequent voranbringt. Wenn dann der weitere Gesundungsprozess mit einer Kapitalerhöhung maßgeblich beschleunigt werden kann, ist es sicher erwägenswert, darüber ernsthaft nachzudenken. Bei einem möglichen Meinungsbildungsprozess ist es sicher von Vorteil, dass die vier größten Aktionäre gut 45% des Grundkapitals halten und wie man aus den Medien entnimmt gut bei Kasse sind.
“Der Immobilienbrief“: Ihr Goldsmith Fonds ist 2007 aufgelegt worden. Sie haben seither ihr Pulver trocken gehalten und damit für den Anleger nicht nur die Substanz erhalten, sondern sogar eine Rendite erwirtschaftet. Die IVG-Beteiligung ist das erste meldepflichtige Investment, bei dem Sie annähernd zu Tiefstkursen eingestiegen sind. Haben Sie derzeit noch andere deutsche Unternehmen im Fokus?
Vedder: Das Screening aussichtsreicher Unternehmen ist bei uns ein permanenter Prozess. Ohne zu viel zu verraten, kann ich Ihnen eine Auswahl von DAX-Unternehmen nennen, die bei uns auf dem Radar stehen. Dazu zählen: Bayer, BASF, Daimler, Eon, Kali+Salz, Metro, RWE und Siemens. Dennoch sehen wir derzeit am deutschen Aktienmarkt noch keinen Handlungsbedarf. Wir warten geduldig auf unsere Chance. Ich bin mir sicher, dass wir die Tiefstkurse noch nicht gesehen haben. Der konjunkturelle Abschwung wird uns auch 2010 noch begleiten. Die Zeit spielt uns in die Karten. Im Einkauf liegt der Gewinn.
“Der Immobilienbrief“: Es fällt auf, dass bei denen von Ihnen präferierten Titeln keine Bank zu finden ist. Wie schätzen Sie die Zukunft dieses Sektors ein?
Vedder: Für eine Branche, in der sich die agierenden Institute untereinander nur eingeschränkt vertrauen, wäre es aus meiner Sicht grob fahrlässig, als Außenstehender zu investieren. Darüber hinaus wird das bad sentiment, das die Banken umgibt, im Zuge der realwirtschaftlichen Krise weiter anhalten. Dazu gesellt sich kurzfristig noch die anstehende HV-Saison, die die Finanzhäuser unwillkürlich wieder massiv in die Schlagzeilen bringen wird. Ich gehe von Aktionärsversammlungen aus, bei denen es zu beinharten Auseinandersetzungen mit dem sich anschließenden juristischen Rattenschwanz kommen wird, vor allem für die Institute, für die ähnlich wie bei einigen Landesbanken der Tatbestand der Untreue im Raum steht.
Die Salami-Taktik, mit der die Banken ihre desaströse Performance den Anteilseignern mitteilten, hat auf kurze bis mittlere Sicht zu einem quasi irreparablen Schaden geführt. Die ersten Banken, die sich international decouvrierten haben es noch geschafft, sich umfangreiche Eigenmittel zu besorgen. Der Rest hängt jetzt an staatlichen Garantieprogrammen und/oder Staatsknete. Für Deutschland kann ich nur hoffen, dass das Hickhack mit den staatlichen Geldern ein Ende findet. Wenn ein Institut ohne staatliche Mittel, die Tore schließen müsste, ist es de facto insolvent und damit wertlos. Hält dann der Staat aus übergeordneten Zielen das Institut mit Steuergeldern am Leben, muss das Eigentum auch auf ihn übergehen. Die Diskussionen und Debatten z. Bsp. um die Hypo Real Estate und ihren Investor C. Flowers halte ich in diesem Zusammenhang für unsäglich. Flowers erwartet doch wohl nicht allen Ernstes, dass der Bund und damit der Steuerzahler ihm ein brennendes Haus abkauft? Man sollte hier wirklich die Bremse ziehen und verstaatlichen und gleichzeitig konkret die Frage stellen, wer denn wirklich die Investoren der sogenannten Flowers Fonds sind?
gi24/uk, DIB, Research Medien AG
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