Im schwierigen Supermarkt-Geschäft macht Rewe Boden gut

Von Ruth Vierbuchen, Chefredakteurin „Handelsimmobilien Report“

Alain Caparros, Vorstandschef der Kölner Rewe Group, wartet auf einen Anruf: Entweder aus Hamburg von der Edeka oder aus Mülheim an der Ruhr von Plus-Eigentümer Karl Erivan Haub. Denn seit das Bundeskartellamt angekündigt hat, dass es die geplante Kooperation zwischen der Edeka-Tochter Netto und dem Discounter Plus, die gleichzeitig eine Mehrheitsbeteiligung der Edeka an dem geplanten Gemeinschaftsunternehmen vorsieht, untersagen will, können die Partner ihren Deal nur noch verwirklichen, wenn sie einen Teil der Filialen an einen Käufer wie Rewe abgeben. Als Deutschlands größter Lebensmitteleinzelhändler verfügt Edeka bereits heute über einen Marktanteil von 25 % und würde den Anteil durch die Kooperation weiter ausbauen. Das ist der Bonner Kartellbehörde zu viel.

Hier könnte Rewe mit Penny, der Nummer drei auf dem Discount-Markt hinter Aldi und Lidl, zumindest bei einem Teil des Plus-Filialnetzes doch noch zum Zuge kommen, nachdem Edeka-Chef Alfons Frenk die Kölner beim Übernahme-Poker Ende 2007 überboten hatte. Doch bisher blieb auch der Brief, den Caparros an Karl Erivan Haub geschickt hat, unbeantwortet. Es dürfte also noch eine Weile dauern, bis der Plus-Deal abgeschlossen ist.

Derweil wächst Rewe mit seiner Discount-Schiene Penny aus eigener Kraft weiter. Im Vorjahr erhöhte sich der Umsatz in den 2 900 Filialen im In- und Ausland um 7,2% auf 8,6 Mrd. Euro. Dabei konnten auch die 2000 deutschen Märkte mit einem Erlöszuwachs von 5,6% auf 5,9 Mrd. Euro trotz schwacher Einzelhandelskonjunktur aufwarten. Neben den verlängerten Öffnungszeiten sieht Finanz-Vorstand Norbert Fiebig vor allem „die kontinuierliche Strukturbereinigung des Vertriebsnetzes seit 1999“ als Grund für die Fortschritte bei Penny. Insbesondere in Süd- und Ostdeutschland wurden unwirtschaftliche Standorte aufgegeben. Zudem wurde ein neues Ladenkonzept entwickelt, das Netz um 23 Standorte erweitert und das Nonfood-Sortiment auf qualitativ höher wertigere Produkte reduziert.

Eine Erfolgsbilanz kann Rewe-Chef Caparros auch für die Neuausrichtung der vollsortierten Supermärkte und die konsequente Umstellung der Vertriebsformate auf die einheitliche Marke Rewe präsentieren. Im schwierigen deutschen Markt wuchs der Bereich Vollsortiment mit 1.574 Rewe-Supermärkten, den toom-Verbrauchermärkten und dem Großhandel für die 1 500 selbstständigen Rewe-Kaufleute um 3,4% auf 11,11 Mrd. Euro. Hier haben die Kölner viel Geld in die ansprechende Gestaltung des Point of Sale und ein ausgeprägtes Frischesortiment investiert – ohne die Preiswürdigkeit aus dem Auge zu verlieren. „Damit sind wir stärker gewachsen als der Markt“, stellt Caparros zufrieden fest und verweist auf eine Untersuchung der GfK, wonach die deutschen Supermärkte von Januar bis November 2007 – jüngere Zahlen gibt es noch nicht – im Branchenschnitt nur um 1% gewachsen sind. Das bestätigt die These, dass der Verbraucher gern Geld ausgibt, wenn er sich im Geschäft wohl fühlt – und nicht allein der Preis bei der Kaufentscheidung zählt.

Summa summarum erzielte der stark diversifizierte Rewe-Konzern mit seinen Discountern, Super-, Verbraucher- und Fachmärkten sowie dem Tourismus-Geschäft 2007 einen Außenumsatz von 45 Mrd. Euro, 3,7% mehr als im Jahr zuvor. In diesem Wert sind auch die Erlöse der selbstständigen Kaufleute enthalten, die vom Rewe-Großhandel beliefert werden. Ohne den selbstständigen Einzelhandel lag der Konzern-Umsatz bei 32,75 Mrd. Euro. 30% der Erlöse machen die Kölner im Ausland, beim Ertrag sind es sogar 40%. Deshalb gehört der Ausbau des internationalen Geschäfts auch zu den wichtigen Zielen, die sich Caparros für 2008 gesteckt hat.

Das sind einige der Zahlen, die der Rewe-Vorstand zur Bilanzpressekonferenz, die gleichzeitig eine Zäsur bildete, vorgelegt hat. Denn erstmals präsentierten die Kölner zu einem so frühen Zeitpunkt einen ausführlichen testierten Abschluss. Doch mehr noch: Obwohl die Leitunternehmen der genossenschaftlichen Rewe-Gruppe, die Rewe-Zentralfinanz e.G. und die Rewe Zentral AG kein Gleichordnungskonzern im Sinne von § 18,2 AktG bilden, legt das Unternehmen erstmals einen integrierten Konzernabschluss nach IFRS vor. Ziel ist es, den Anschluss an die großen börsen-notierten Handelskonzerne zu gewinnen. Mit einem Vorsteuerergebnis (EBT) von 735,4 Mio. Euro (plus 133% gegenüber 2006) konnte der Rewe-Vorstand auch gleich ein Rekordergebnis präsentieren.

Doch Caparros sieht noch mehr Veränderungsbedarf, etwa bei der Organisationsstruktur der Rewe Group, die drei Aufsichtsräte hat, an die der Vorstand berichten muss. Auch wenn Vorstand Fiebig nicht glaubt, dass die drei Unternehmen der Handelsgruppe, die Rewe Zentral AG, die Rewe Zentralfinanz und Rewe Deutsche Supermarkt, zusammengelegt werden, so stellt Caparros doch fest, dass die Zentrale leichter und beweglicher werden müsse.

Den vorgelegten Zahlen ist weiterhin zu entnehmen, dass auch der Start ins Jahr 2008 gut gelungen ist. So steigerten die Penny-Discounter ihre Erlöse um 9,5% (flächenbereinigt: 3,6%). Nach Übernahme der Plus-Märkte in Tschechien, die von der Kooperation Edeka-Plus ausgenommen sind, wird sich das Penny-Filialnetz hier verdoppeln. Der wichtige Bereich Vollsortiment wuchs in den ersten drei Monaten im Inland um 7,5% und im Ausland um 14%.

Die Investitionen, die sich 2007 auf 1,14 Mrd. Euro summierten, dürften 2008 nach Caparros Schätzung auf 2,5 bis 3 Mrd. Euro steigen, bedingt durch die Übernahme der Extra-Märkte von Metro, die Übernahme des 50%-Anteils, den der Otto Versand bisher an der gemeinsamen Cash & Carry-Tochter Fegro/Selgros gehalten hat und die Integration von Plus in Tschechien. Außerdem will Rewe 560 neue Filialen eröffnen.

Wenn „kein Unfall passiert“, so Caparros, werde Rewe 2008 einen Umsatzrekord erreichen. Und Fiebig schätzt, dass erneut ein Vorsteuerergebnis von etwa 735 Mio. Euro erreicht werden kann, wenn die Integration der neuen Beteiligungen keine unvorhersehbaren Belastungen bringen.

Quelle: Handelsimmobilien Report, Nr. 23, 06.06.2008

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