Von Karin Krentz
Der Liegenschaftsfonds Berlin (LFB) hat zum Ende des dritten Quartals 2008 einen bisherigen Gesamtjahreserlös für das Jahr 2008 von 251 Millionen Euro verzeichnen können. Im Vergleichszeitraum des Vorjahres waren es 194 Millionen. Der Gesamtjahreserlös 2007 betrug „nur“ 281 Millionen, und das war schon eine Rekordsumme gegenüber dem Vorjahr 2006. Für das laufende Jahr steuert der Fonds noch einmal auf ein Rekordergebnis, so Geschäftsführer Holger Lippmann. Das wird vor allem den Senator für Finanzen Thilo Sarrazin hoch erfreuen.
Dabei war dieser Erfolg so nicht zu erwarten. Das Portfolio wird immer kleinteiliger, 90% aller Kaufverträge lagen unter 100 000 Euro. Doch für einige Grundstücke hätten sich absolut spektakuläre Preise erzielen lassen können. Kapital, so Lippmann, scheint ausreichend vorhanden, besonders Eigenkapital. Zwar werde durch die Finanzkrise der Mietertrag etwas reduziert, doch der Wettbewerb sei nicht mehr so überhitzt, was den Märkten zugute komme. Der Immobilienwert sinke nicht so dramatisch wie es so manche Auguren glauben machen wollten.
Im Angebot der nächsten Monate sind Highlights des Berliner Immobilienmarktes wie der Kunst- und Kulturstandort Humboldthafen, dem wahrscheinlich prominentesten und städtebaulich wichtigsten Standort Berlins. Der LFB starte gegenwärtig im Herbst die Veräußerung des Areals mit ca. 12 000 Quadratmeter Grundstückfläche (48 000 Quadratmeter Geschossfläche) im Rahmen eines EU-weiten Vergabeverfahrens mit vorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb. Entstehen wird ein privatfinanzierter Standort für moderne Kunst des 21. Jahrhunderts und eine Kunsthalle für zeitgenössische Präsentationen. Informationen über die Vergabe können im EU-Amtsblatt im Internet abgerufen werden (www.simap.eu). In Sicht sein soll ebenfalls ein potentieller Privatinvestor für den Humboldthafen, der, wenn er denn käme, seinen Sitz für immer ansiedeln und – das zählt vor allem – viele Arbeitsplätze schaffen würde. Noch ist der Vertrag nicht in „trockenen Tüchern“.
Gefragt waren denkmalgeschützte Immobilien wie eine Bühnenwerkstatt im Prenzlauer Berg, die zu einem absoluten Liebhaberpreis über den Ladentisch ging, was Lippmann wie bei den anderen Verkäufen doch etwas verwundert. Über die Summen jedoch gibt es keine Auskunft. Ebenso ist die Alte Münze an der Gertraudenbrücke in Berlin-Mitte verkauft worden und die denkmalgeschützte Wohnsiedlung Neu-Jerusalem mit ihren 21 Doppelhäusern in Spandau. Das Robert-Koch-Forum erwarb eine wissenschaftliche Stiftung aus Großbritannien.
Weitere Perlen, die noch gehandelt werden, sind die Steuben-Kaserne in Zehlendorf, Wohngrundstücke in den „Dörfern“ im Osten von Berlin (Kaulsdorf, Biesdorf, Hellersdorf, Mahlsdorf) und die 13 Hektar große Liegenschaft Bogensee in Brandenburg, für die ein zweistufiges Bieterverfahren noch im Herbst gestartet wird, um Interessenten und deren Möglichkeiten zu ermitteln. Einig sind sich Berlin und das Land Brandenburg, dass der darauf befindliche ehemalige Wohnsitz des Nazi-Propagandaführers Joseph Goebbels nicht veräußert werden soll. Zu den wirklich schönen Immobilien gehören die beiden Markthallen in Kreuzberg (Klein-Istanbul) und dem ehemaligen Arbeiterbezirk Wedding. In Berlin wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts 15 Markthallen gebaut. Für die Halle in der Kreuzberger Eisenbahnstraße wurde der Verkaufsprospekt nicht nur in deutscher und englischer Sprache gedruckt, sondern auch in türkischer. Diese Klientel hat der LFB besonders im Auge.
Die Fakten beweisen: Nicht nur das Interesse bei den Investoren ist vorhanden, auch die finanziellen Mittel stehen offensichtlich bereit. Um so mehr verwundern doch Unkenrufe anderer, die von einem Wertverfall von bis zu 50% auf dem Berliner Immobilienmarkt sprechen. Es hätte wohl kein Investor diese Verkaufsverträge mit dem LFB je beurkundet, sähe er das genauso. Auch Hans Peter Plettner, Vorsitzender der Deutschen Grundstücksauktionen AG, sah einen solchen Wertverfall. Doch im September verkündete er das Auktionsergebnis Herbst 2008 der 647 Immobilien von „20 040 000,– Euro – trotz oder gerade wegen heftiger Turbulenzen“. Nun würden die Berliner Preise auf ein „vernünftiges Normalmaß zurechtgestutzt“, meinte er. Und wenn nun ein Finanzinvestor meint, alle Immobilienwerte seien stark gesunken wegen der Krise und er sich vom Berliner Markt zurückziehen und alle Projekte stoppen müsse, so bauen und verkaufen dagegen andere Investoren munter weiter. Sie haben wahrscheinlich eines, was der Finanzinvestor nicht hat: genügend Eigenkapital – und sie bauen keine Luftschlösser.
Quelle: DIB, Nr. 177
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