Von Maximilian Pisacane, freier Wirtschaftsjournalist u.a. für Handelsblatt, FTD
Der Polier Stefan Klein von HOCHTIEF Construction reimt seinen Segen für Bauherrn, Handwerker und Gebäude – dabei genoss er zünftig nach jeder Strophe seines Richtspruches ein Glas Rotwein. Danach zog der Kran die Krone – während eines kleinen Feuerwerks – zum 89 Meter hohen Dach des SkyOffice. Der Bauherr Orco Germany zeigt sich auf dem Richtfest zufrieden mit der Auslastung und steht zum Standort Düsseldorf – auch in Krisenzeiten.
Bei seiner Ansprache erzählt Rainer Bormann, Vorstandschef der Orco Germany, dass sein Sohn gern gesehen hätte, wie die 36 000 Tonnen Beton verlegt wurden. Bisher hat Orco 60% der etwa 37 000 qm großen Fläche am Düsseldorfer Kennedydamm vermietet: Jeweils 9 000 qm an die kürzlich vom Fachmagazin Juve als „Beste Kanzlei des Jahres 2008“ ausgezeichnete Anwaltssozietät Lovells und die Unternehmensberater von McKinsey. Letztere wollen in den kommenden Jahren ihr Düsseldorfer Büro ausbauen und auf etwa 500 Mitarbeiter wachsen – daher auch der Umzug. Außerdem ist das Cateringunternehmen Bistro EssART als Restaurantbetreiber mit an Bord, sie sorgten auch für den traditionellen Richtschmaus: es gab z.B. Perlhuhnbrust und Gemüse und als Nachspeise ein riesiger Kuchen mit Motiven des SkyOffice.
Die Büromeile Kennedydamm an der nördlichen Stadteinfahrt gilt neben der Königsallee und dem Medienhafen als begehrte Top-Lage in der Landeshauptstadt. Bürgermeisterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann von der FDP freut sich denn auch beim Richtfest: „Das Sky Office hat nun seinen festen Platz in der Düsseldorfer Skyline – andere Städte würden sich schon über einen Kran freuen. Als ich die hohe Auslastung von 60% vernahm, konnte ich das zuerst nicht glauben – das ist ein Zeichen für den Standort.“ Doch das soll nicht alles sein: „Bis zum dritten Quartal wollen wir 90% vermietet haben“, gibt Bormann bei seiner Ansprache bekannt.
Einige Marktbeobachter halten dieses Ziel für ambitioniert, zumal die Finanzkrise viele verunsichert. „Es ist ein Plan, ein Ziel, auf das wir hinarbeiten“, wiegelt der Chef des Mutterkonzerns Orco Property Jean-François Ott ab, „denn derzeit sind die Finanzmärkte etwas ’crazy’ – dennoch halte ich es für realistisch“. Denn Düsseldorf biete viel: Im Gebiet Rhein-Ruhr ist die dichteste Ansammlung von Firmen (allein ein Drittel der Dax-Konzerne hat in NRW ihren Sitz), im internationalen Vergleich eine sehr hohe Lebensqualität und liegt innerhalb Europas geografisch nahezu im Zentrum. Solche Vorteile spiegeln sich zwar auch in den hohen Mieten nieder, „allerdings sind die Mietpreise hier in Düsseldorf vergleichsweise stabil“, weiß Ott, der schon als Kind in der Nähe Düsseldorfs, in Bergheim, eine Zeit lang zur Schule ging.
Laut dem DEGI-Marktreport 2008 besitzt Düsseldorf mit 3,5 die geringsten Preisschwankungen unter den Büromärkten. Zum Vergleich: Die Spitzenreiter bei der Volatilität sind Frankfurt a. M. (16,0) und Berlin (15,7). Und was die Spitzenmieten angeht kann die Landeshauptstadt mit durchschnittlich 22,20 Euro/qm zwar nicht mit Frankfurt (37,00 Euro/qm) oder München (30,00 Euro/qm) mithalten, liegt aber im gehobenen Mittelfeld noch vor Köln (21,00) und Berlin (21,50 Euro/qm). Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Büroimmobilienumsatz um 75% – somit ist Düsseldorf unter den sechs größten Immobilienstandorten der Gewinner. Und die Perspektiven können sich sehen lassen: In den ersten sechs Monaten von 2008 wurden 196 000 qm Bürofläche vermietet; 123 000 sollen noch bis Ende dieses Jahres fertig werden; und für kommendes Jahr werden über 365 000 qm erwartet. Doch Überkapazitäten sind nicht zu befürchten: Denn von den Flächen sind nur noch 28% verfügbar – der Großteil ist schon vermietet.
Die Freude der Bürgermeisterin über das Bekenntnis zum Standort Düsseldorf ist verständlich: Immerhin hatte Orco Germany kürzlich sich aus einem Projekt in Berlin zurückgezogen: Wegen unzureichendem Vermarktungsstand ließen sie das über 150 Wohneinheiten umfassenden Luxusprojekt "Fehrbelliner" fallen. Dazu Sprecherin Sabrina Eilers: "Wenn wir die derzeitigen Darlehenskonditionen akzeptieren würden, wären unsere anderen Projekte gefährdet." Kurz darauf gab Orco bekannt, sich komplett aus dem Geschäft mit Wohnimmobilien zurückzuziehen und den Fokus künftig allein auf Gewerbeimmobilien zu legen. „Wir werden uns in Zukunft noch stärker auf das Wichtige fokussieren: auf die Kunden“, erzählt Ott. Mit einigen „großen Namen“ sei man bereits im Gespräch. Welche das konkret sind? Das verrät der zweifache Familienvater nicht, lächelt verständnisvoll und nippt an seinem Rotwein.
Die Konkurrenz zur Düsseldorfer AirportCity fürchtet Ott jedenfalls nicht. Zwar liegt der Bürokomplex noch näher an Start- und Landebahnen als das etwa 10 Minuten entfernte SkyOffice, doch dafür ist die Anbindung zur Innenstadt besser: Mit der Bahn braucht man keine 10 Minuten bis zur Altstadt und dem Düsseldorfer Zentrum. Und für Lebensqualität sorgt der nahe gelegene Rhein, der in der Mittagspause zu einem Spaziergang geradezu einlädt.
Als Orco Property seine Deutschland-Tochter an die Börse brachte, bekam die Mutter pro Aktie noch 4 Euro. Binnen eines Jahres schoss der Kurs dann auf über 15 Euro hoch. Derzeit notiert der Anteilsschein bei etwa 2,35 Euro. Da würde es sich ja fast lohnen, die Tochter wieder völlig aufzukaufen – zumal Orco Property eh schon 57,69% des Eigenkapitals hält. Mit den Aktien des Morgan Stanley Real Estate Fund V Turtle B.V., zu dem eine Stimmbindungsvereinbarung besteht, kommen sogar 86,60% der Stimmrechtsanteile zusammen. Beim Rotwein verrät der frühere Derivatehändler Jean-François Ott mit verschmitztem Lächeln, dass „ein Rückkauf von Orco Germany nicht unmöglich ist“. Auf Nachfragen räumt er jedoch ein, dass wegen des derzeit schwierigen Bankensektors eine Finanzierung einer solchen Übernahme knifflig werden könnte, da Fremdkapital derzeit teuer sei. Und ganz ohne geht es schließlich nicht: Immerhin hat die Germany-Tochter eine Marktkapitalisierung von über 122 Millionen Euro; die Mutter Property hingegen nur etwas über 100 Millionen.
Auffällig ist, dass Germany-Chef Rainer Bormann über die Firma Kraaft S.A., die etwa 4,6% von Orco Germany hält, seit Anfang 2008 immer wieder Aktien kauft – bei 6 bis 7 Euro schlug er meist zu. Im vergangenen Jahr verkaufte er noch für Kurse zwischen 9,90 und 10 Euro.
Quelle: DIB, Nr. 180
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