Problemzone Nebenlage (3): Immobilienfonds für Eigentümer oder Aufkauf von Schlüsselimmobilien?

Von Stefan Heerde, Leitung Consulting, Engel & Völkers commercial Berlin

In Deutschland ist das Thema Aufwertung von Geschäftsstraßen zu einem Modethema der Stadtentwicklung geworden, das nicht zuletzt seine Verankerung im Städtebaurecht gefunden hat und sich in einer Reihe von Bundesländern in entsprechenden Landesgesetzen wieder findet (so in den Stadtstaaten Hamburg und Bremen sowie in den Flächenstaaten Hessen, Saarland und Schleswig Holstein, in den kommenden Wochen dann auch in Nordrhein Westfalen und ggf. in Sachsen). Viele der Standortinitiativen sind in erster Linie auf bauliche und Marketingmaßnahmen ausgerichtet. Neben dem Marketing von Standorten kommt jedoch dem Branchen- und Flächenmanagement eine Schlüsselfunktion für die erfolgreiche und nachhaltige Vermarktung von Standorten zu. Die Entwicklung von Standorten steht und fällt in vielen Fällen mit den immobilienwirtschaftlichen Perspektiven, die in einer Lage stecken. Die Aufwertung von Geschäftsstraßen ist demzufolge nicht allein eine Frage von baulichen Maßnahmen (wie in der städtebaulichen Erneuerung) und gutem Marketing (wie beim Citymarketing), sondern eine Frage der professionellen Vermarktung und des Managements von Flächen.

Um dieses Management erfolgreich umsetzen zu können, bedarf es verbindlicher Strukturen. In der Ausgabe Nr. 15 des „Handelsimmobilien Reports“ wurden bereits zwei Kooperationsmodelle vorgestellt: 1. Standort- und Flächenmanagement durch eine Managementgesellschaft und 2. Standort- und Flächenmanagement durch einen Generalmieter. In dieser Folge stellen wir Ihnen zwei weitere Modelle vor:

Modell C: Standort- und Geschäftsstraßenmanagement durch einen Immobilienfonds: Diese dritte Möglichkeit besteht darin, dass Eigentümer einer Geschäftsstraße ihre Immobilie oder ihre Handelsflächen in einen gemeinsamen geschlossenen Immobilienfonds einbringen. Die Eigentümer werden dabei zu Anteilseigentümern (Kommanditisten/Mitgesellschafter) des geschlossenen Immobilienfonds und profitieren von der Wertentwicklung der Fondsimmobilien und den erwirtschafteten Mieterträgen. Insbesondere der Eingriff in die Eigentumsrechte dürfte vielen Eigentümern jedoch nur schwer vermittelbar sein, besonders dann, wenn die gesamte Immobilie in den Fonds eingebracht werden soll. Aus dem Eigentümer würde dann ein Kapitalanleger werden.

Es wäre aber auch denkbar, dass Eigentümer nur die Handelsflächen in einen gemeinsamen Geschäftsstraßenimmobilienfonds einbringen. Die Vermietung und Bewirtschaftung der Ladeneinheit fiele in den Zuständigkeitsbereich des geschlossenen Geschäftsstraßenfonds, an dem alle Eigentümer beteiligt sind. Dies könnte ein hohes Maß an Verbindlichkeit für den Aufwertungsprozess schaffen. Auf diese Weise können alle Einzelhandelsflächen in der Straße standortgerecht und wie in einem Shoppingcenter gemeinschaftlich vermarktet werden. Dieser grundsätzlich spannende Ansatz wirft jedoch eine Reihe von steuer- und gesellschaftsrechtlichen Fragen auf, die unbedingt einer eingehenden Prüfung bedürfen. Auch die Gleichverteilung und Bewertung der einzelnen in den Geschäftsstraßenfonds einzubringenden Immobilien oder Handelsflächen sind nicht leicht zu regeln. Eigentümer, die bislang weniger attraktive und lukrative Mietverträge bzw. leer stehende Immobilien besitzen, würden bei einer interessanten garantierten Rendite ihre Immobilien oder einen Teil davon sicherlichin einen Fonds einbringen. Schwierig ist auf Grund der Bewertungsproblematik das Einbringen von Immobilien, die langfristige Mietverträge besitzen und dementsprechend höhere Renditen erhoffen lassen. Auch die Bewertung der einzelnen Immobilien ist nicht unproblematisch. Es sind entsprechende Wertgutachten zu erstellen. Rechtlich unproblematisch dürfte dagegen die Überleitung von bestehenden Mietverträgen auf die Fondsgesellschaft werden.

Vorteil derartiger Straßenimmobilienfonds wären neben dem übergreifenden und auf den Standort bezogenen Flächenmanagement Kosteneinspareffekte, die mit der Bewirtschaftung mehrer Immobilien (gleichzeitige Durchführung von Wartungs- und Investitionsmaßnahmen, eine Hausverwaltung/Facility Management) zu erzielen wären.

Modell D. Standort- und Geschäftsstraßenmanagement durch strategischen Aufkauf von Schlüsselimmobilien: Eine weitere Methode wäre der strategische Aufkauf von Schlüsselimmobilien in einer Geschäftsstraße durch einen Eigentümer bzw. Projektentwickler. Sind ausreichende Immobilien in der Verfügungsgewalt eines Eigentümers, so hat er die Möglichkeit, die Aufwertung des Standortes selbstständig durchzuführen. Allerdings würde ein solches Vorhaben – wenn es im Vorfeld öffentlich würde – schnell die Verkehrswerte der Immobilien erhöhen, weil der Investor auf den Kauf mehrerer Immobilien an diesem Standort angewiesen ist, um sein Standortkonzept durchsetzen zu können. Andererseits ist ein derartiges Vorgehen mit dem Vorgehen klassischer Projektentwickler zu vergleichen und demzufolge vom Ansatz her durchaus nicht ungewöhnlich.

Das Ungewöhnliche daran wäre der gezielte Aufkauf einer Geschäftsstraße oder eines Teils mit dem Ziel der Aufwertung, die auch im öffentlichen Fokus und Interesse steht (zum Beispiel die heruntergekommene Randlage einer Geschäftsstraße/City oder die ehemalige Geschäftsstraße einer Kleinstadt). Sollten die Bewohner der Stadt ein besonderes Interesse an einer derartigen Aufwertung haben, könnte ein privater Investor zur Vorfinanzierung des Projekts, eine entsprechende „Standortaktie“ mit einer geringen aber festgeschriebenen Verzinsung auflegen und vermarkten. Damit hätten beide Seiten einen Vorteil: Die Bewohner finanzieren einen Teil der Grundinvestition, die zu dem von ihnen gewünschten Erhalt und zur Entwicklung einer bedeutenden städtischen Lage führt. Der Investor sichert die Grundinvestition mit der „Standortaktie“ ab, wird unterstützt bei der Realisierung seines Vorhabens durch die Öffentlichkeit und sein Investment rechnet sich, da er die Verfügungsgewalt über einen gesamten Standort erhält. 

Quelle: Handelsimmobilien Report, Nr. 17, 14.03.2008