Von Werner Rohmert
Der aktuelle Global Property Survey der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) ermittelte, dass Westeuropa vom Rückgang der Immobilienwerte am stärksten weltweit am stärksten betroffen ist. Volkswirtschaftlich verblüffend ist für uns, dass nach RICS-Ansicht das Ursprungsland der weltweiten Immobilien- und Finanzkrise, die USA, bezogen auf Gewerbeimmobilien – und auch die sonstigen volkswirtschaftlichen Daten – die Krise bislang noch hervorragend weggesteckt hat. Wir können es selbst nicht beurteilen und die Infos sind zwiespältig.
Besonders betroffen sind die Länder, in denen sinkende Mietmultiplikatoren, also steigende Renditeanforderungen der Investoren durch Risikozuschläge, auf gleichzeitig sinkende Mieten durch Nachfragerückgang oder Überangebote treffen. Die in der jüngeren Vergangenheit durch Miet- und Preisexplosion stark entwickelten Märkte in Irland und Spanien, aber auch Frankreich und Italien leiden derzeit besonders.
Deutschland ist im Moment noch eine positive Ausnahme. Steigende Mieten gleichen den Anstieg der Renditen bei den untersuchten Objektarten weitgehend aus. Aus unserer Sicht ist dabei anzumerken, dass die RICS traditionell auf übliche Kapitalanlageimmobilien bester Qualität in Toplagen schauen, die auch gegen ein breites Überangebot schneller knapp werden können. Prominente Immobilien AG’s sehen sich aber dennoch mit Abwertungsbedarf konfrontiert. Dennoch ist Deutschland im Vergleich zu den volatilen Nachbarn, die von der Aufholjagd der ersten Euro-Jahre mit dem Wegfall der deutschen Wettbewerbs- und Kostenvorteile profitierten, aktuell ein Hort der Stabilität.
Zwar merkt RICS-Ökonom Oliver Gilmartin an, dass bei anhaltender Auswirkung der Finanzkrise auf das ökonomische Wachstum Deutschlands mit stagnierenden bzw. fallenden Mieten und Kaufpreisen in mittleren und schlechten Lagen des Gewerbemarktes gerechnet werden muss. Aus „Der Immobilienbrief“-Sicht sehen wir die Probleme allerdings eher bei den Wachstumsprofiteuren der Euro-Dekade; denn jetzt haben Deutschlands Unternehmen den Wettbewerbsschock überstanden und ihre Schularbeiten in Bezug auf Wettbewerbsfähigkeit gemacht, während unsere Nachbarn jetzt darauf angewiesen sind, tatsächlich durch Produktivitätserhöhung und nicht mehr durch Währungseffekte ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.
Das sehen Investoren wohl ähnlich. Gerade in den Ländern, die in der letzten Dekade besonders profitierten, beschleunigte sich der Rückgang der Kapitalwerte im 2. Quartal 2008 weiter. Zum ersten Mal in der Geschichte des Global Property Survey fielen auch die Preise in den Emerging Markets. Positiv schnitten nur in Europa nur Österreich, Zypern, die Niederlande und die Türkei ab. Aus globaler Betrachtung konnten zuletzt nur Emerging Asia und Lateinamerika die Preise noch halten oder leicht verbessern, während, während lt. RICS-Chart alle anderen Regionen, auch die entwickelten Länder in Asien, der Mittlere Osten und Afrika mit höheren Renditeforderungen kämpfen müssen. Die besonders starke Nachfrage nach Einzelhandelsflächen in Osteuropa und Industrieflächen in Asien scheint sich lt. Chartered Surveyors dem Ende zuzuneigen. In Erwartung einer sich abschwächenden Flächennachfrage rechnen die RICS für die nähere Zukunft mit leicht sinkenden Mietpreisen in Westeuropa. Das trifft auch für Industrie- und Einzelhandelsflächen zu. Frankreich wird davon am stärksten betroffen sein, gefolgt von Großbritannien, Irland und Spanien.
Quelle: DIB, Nr. 173, 22.08.2008