Stuttgart gilt mit rund 590.000 Einwohnern völlig zu Recht als eine attraktive Metropole mit hoher Wirtschaftskraft, starken Wirtschaftsunternehmen und einer im Bundesvergleich geringen Arbeitslosigkeit. Gleichzeitig gilt Stuttgart als charmante Großstadt, die historische und moderne Architektur, eine lebendige Kunst- und Kulturszene, internationale sportliche Events, große Feste und Märkte sowie zahlreiche weitere Erlebnisangebote im Umland bietet. Typisch Stuttgart: Mercedes, Porsche – und Wein. Die Kombination aus Auto- und Weinstadt übt natürlich eine starke Faszination aus.
Dazu ist die Stadt in eine reizvolle Landschaft eingebettet, manche würden eher sagen: eingekesselt. Denn Stuttgart liegt in einer Kessellage, die Unkenrufen zufolge auch dazu beiträgt, dass so viele Besucher nach Stuttgart hineinpurzeln. In der Stadt wird dies vor allen Dingen durch die vielen Treppen deutlich, welche die Wege hinauf und hinunter für die Fußgänger verkürzen. Die große touristische Anziehungskraft und die hohe Zentralität der Stadt ziehen jedenfalls viele Menschen in die Stadt und bescheren den hiesigen Einzelhändlern gute Umsätze – insbesondere in den sogenannten 1A-Lagen der Innenstadt, mit denen sich der aktuelle Marktbericht des Maklerunternehmens COMFORT beschäftigt.
In puncto Zentralität und Kaufkraft weist Stuttgart nach Angaben von Manfred A. Schalk, Geschäftsführer der COMFORT München GmbH, Werte auf, die recht deutlich über dem Bundesdurchschnitt von jeweils 100 liegen. Die BBE, Köln, gibt eine Kaufkraftkennziffer von 107,4 und eine Zentralitätskennziffer von 130,5 an. Diese hohe Attraktivität für den Einzelhandel spiegelt sich freilich auch im Mietpreisniveau für Ladenlokale in 1A-Lagen wider.
Für ein kleineres Ladenlokal mit rund 80-120 qm Verkaufsfläche in absoluter Top 1A-Lage an der Königstraße muss ein Einzelhändler bei einem Neuabschluss eines Mietvertrags derzeit rund 230 Euro/qm kalkulieren. Und auch in den anderen 1A-Lagen der Innenstadt werden hohe Mieten bezahlt. So sind Ladenlokale in den 1A-Lagen der Stiftstraße derzeit mit rund 170 Euro/qm dotiert, während an der Schulstraße rund 150 Euro/qm und an der Hirsch-, und der Calwer Straße sowie am Marktplatz derzeit rund 90 Euro/qm bezahlt werden.
Im Verlauf der letzten fünf Jahre haben die Mietpreise in Stuttgart nach COMFORT-Berechnungen um mehr als 15 Prozent zugelegt. Allein im letzten Jahr stiegen sie an der Königstraße noch einmal um 4,5 Prozent an.
„Größere Ladenlokale mit Flächen zwischen 300 und 500 qm Verkaufsfläche sind derzeit noch begehrter. Hier zogen die Mietpreise binnen eines Jahres um 18,2% auf heute 130 Euro/qm an,“ sagt Schalk.
Dieser außergewöhnlich hohe Anstieg der Spitzenmiete für größere Flächen spiegelt die überproportional gestiegene Nachfrage vor allem nach Flächen im Bereich zwischen 200 und 600 qm und größer wider. Dies zeige ganz deutlich, dass mit zunehmenden Sortimentstiefen und -breiten der Anspruch der Filialisten an die benötigten Flächenkapazitäten wächst. Dies treffe sowohl auf bestehende Konzepte, die in andere Flächenvolumen hineinwachsen, als auch für neue Konzepte, die auf Basis der genannten Flächengrößen starten, zu.
Und die Nachfrage nach Einzelhandelsflächen in Stuttgart ist weiterhin hoch. Ungeachtet der Vielzahl der Projektentwicklungen, Umbauten und Neuvermietungen, die in den zurückliegenden Jahren in den klassischen Einzelhandelslagen von Stuttgart stattgefunden haben, kann die Nachfrage nach Top 1A-Lagen noch immer nicht vollständig befriedigt werden. Die Landeshauptstadt von Baden-Württemberg stand und steht auf der Wunschliste vieler Filialunternehmen nach wie vor ganz weit oben.
Neueröffnungen gab es im Herbst 2008 in der von Phoenix entwickelten Immobilie Königstraße 5. Hier siedelten sich der Schuhanbieter Ludwig Görtz, die Buchhandlung Hugendubel sowie die Drogeriemarktkette Müller an. An der Königstraße 56, vorher Tack Schuhe, eröffnete (neben dem neuen Nachbarn Salamander) das französische Modelabel Promod seinen ersten Flagshipstore in Stuttgart. In die Hausnummer 64, ehemals Colloseum, zog das Unternehmen Snipes um. Die von Snipes vorher genutzten Flächen an der Königstraße sicherte sich das spanische Unternehmen Mango. Diese Anmietungen wurden nur durch den Rückzug des Schuhanbieters Tack Schuhe möglich (verbunden mit Filialbereinigungen bzw. Standortverlagerungen bei der Schwestergesellschaft Colloseum). Der bekannte Young-Fashion-Anbieter aus Braunschweig, New Yorker, hat seinen zweiten Standort in Stuttgart an der Königstraße 19 eröffnet. Im gleichen Haus hat auch der Schuhanbieter Geox seinen ersten Store in Stuttgart realisiert. In der Schulstraße haben im Mai 2008 das aus England stammende Accessoire-Konzept mit dem Namen Monsoon Accessorize sowie im Juni 2008 der Kindermodeanbieter Petit Bateau eröffnet.
Allein das Kaufhaus Galeria Kaufhof gibt es dreimal in und um Stuttgart: An der Königstraße, welche die Top 1A-Lage in Stuttgart darstellt, an der Eberhardstraße 28 und der Badstraße 8-12 in Bad Cannstatt. Etwas Einzigartiges bietet der Kaufhof am Bahnhof: eine tolle Strand-Bar, hoch oben, über den Dächern der City. Im Sommer werden auf dem Parkdeck dieses Kaufhauses 1.000 Quadratmeter feinster Sandstrand aufgeschüttet. Bei schönem Wetter lässt es sich hier dann im Liegestuhl herrlich relaxen, unter Palmen, mit einem Cocktail oder einem Drink in der Hand. Auch Karstadt findet man gleich zweimal in Stuttgart. Einmal als echtes Kaufhaus in der Mitte der Königstraße, Nummer 27-29, und einmal unmittelbar am Bahnhof, Königstraße 1, als "Karstadt Sports". Die Krise des Warenhauses scheint also in Stuttgart noch nicht in dem Maße wie anderswo angekommen zu sein, meint Schalk. Ohnehin sei davon auszugehen, dass diese Form des Einzelhandels bevorzugt eine Zukunft in den Einzelhandelsmetropolen haben könne.
Weiterhin hoher Nachfrage erfreuen sich neben der Top 1A-Lage Königstraße auch die Verbindungsstraßen zwischen Königstraße und Marktplatz, die Stiftstraße oder auch die Schulstraße. An der Stiftstraße beispielsweise, die als einzige echte Luxuslage in Stuttgart gilt, hat Escada an der Ecke Kirchstraße/Stiftstraße neu eröffnet. Die Nobelmeile rund um Kirch- und Stiftstraße bekommt jetzt mit Goldschmiede Wellendorff weiteren prominenten Zuwachs – und hofft auf ausländische Luxustouristen. Auch die Schulstraße, die 1953 als erste Fußgängerzone Deutschlands genutzt wurde und Königstraße und Marktplatz verbindet, wartet mit einer Vielfalt von hauptsächlich Gastronomieangeboten auf. Auf den parallel zur „Oberen“ Königstraße verlaufenden Straßen, Hirsch- und Calwer Straße, gibt es ebenfalls Veränderungen.
Die Hirschstraße etwa war zwischenzeitlich deutlich „abgetaucht“ mit lediglich nur noch eingeschränkter Bedeutung für den filialisierten Einzelhandel. Durch zahlreiche mittlerweile fertiggestellte Umbauten bzw. vollzogene Neuansiedlungen diverser Einzelhändler hat die Hirschstraße wieder Boden gut gemacht. Es besteht durchaus Hoffnung, dass mit wahrscheinlich zunehmender Passantenfrequenz diese Nebenlage zukünftig weiter aufgewertet wird. Die Zukunft wird zeigen, ob diese Hoffnungen berechtigt sind.
Die Calwer Straße entwickelt sich dagegen immer mehr zu einer Gastronomiemeile. Bedingt durch die Außenbestuhlung der verstärkt ansässigen Gastronomiebetriebe, die den sogenannten „Lauf“ der Passanten unterbrechen, leidet zunehmend der Aufmerksamkeitswert vieler „reinrassiger“ Einzelhandelsgeschäfte. Dies befürchten zumindest viele Filialunternehmen und nehmen Abstand von dieser Lage.
Wer den Zuschlag für das im Rahmen des Projektes Stuttgart 21 vorgesehene Shopping Center bekommen wird, steht noch immer nicht hundertprozentig fest. Derzeit sieht es aus, als ob es durch ein Konsortium aus Strabag und ECE gestemmt werden soll, die derzeit mittels eines Verkehrsgutachten versucht, ihr Konzept mit samt der gewünschten Anzahl von 2.200 Parkplätzen im Stuttgarter Rat durchzusetzen.
Nahezu alle Einzelhändler teilen allerdings die Ansicht, dass bei einer aktuellen Gesamtverkaufsfläche von um die 320.000 qm in der City die Auswirkungen eines Zuwachses von 50.000 qm auf einen Schlag nicht zu kalkulieren seien.
Der Platzhirsch Breuninger hat sich dagegen seine eigenen Gedanken gemacht und eine Projektplanung unter dem Namen „Da Vinci“ angestoßen und vorgelegt. Von 2011 an sollen am Karlsplatz neue Ministerien, ein Luxushotel sowie Läden und Restaurants zusammen mit dem Land Baden-Württemberg gebaut werden. Ziel von Breuninger ist es u. a., die Rückseite des Stammhauses attraktiver zu gestalten und von der Karlstraße her einen neuen und repräsentativen Eingangsbereich zu schaffen.
gi24/Comfort
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