Auch in Stuttgart fließt das Wasser nicht bergauf. Dennoch ist die Neckar-Metropole zumindest eine kleine Insel der vergleichsweise Seligen im Strom der globalen Krise, der scheinbar noch immer nur eine Richtung kennt: abwärts. Die wirtschaftsmächtige Schwabenbastion hält sich wacker im Vergleich der nationalen Immobilienhochburgen – trotz Automobilkrise. Aber in Stuttgart gibt’s halt noch ein bisschen mehr als Porsche und Mercedes. Und das zeigt sich gerade auch auf dem Stuttgarter Büroimmobilienmarkt (inklusive Leinfelden-Echterdingen). Von "Business as usual" spricht Sandro Camilli, Leiter des Jones Lang LaSalle-Büros in Stuttgart.
Es könnte aber alles auch noch viel besser sein. Sicherlich. Wenn da nicht auch im Schwabenland eine gewisse Verunsicherung eingekehrt wäre. Ein Büroflächenumsatz von 71.600 m² im ersten Halbjahr ist, gemessen an der Größe des Marktes, in diesen schwierigen Zeiten beachtlich. Trotz allem ist gegenüber dem ersten Halbjahr 2008 (104.200 m²) ein Rückgang von etwa einem Drittel zu notieren. "Auf’s Jahr gesehen können wir 160.000 m² erreichen – und das wäre gleichbedeutend dem Fünfjahres-Durchschnitt", so Sandro Camilli. Der Umsatzrückgang wäre mit etwas über 10 % gegenüber dem Vorjahr recht moderat.
Im Vergleich der beiden ersten Quartale 2009 zeigt sich beim Umsatzvolumen sogar ein leichter Aufwärtstrend. Nach 34.400 m² im ersten Quartal wurden im zweiten Quartal 37.200 m² notiert. Die drei größten Vermietungsdeals des ersten Halbjahres mit jeweils über 5.000 m² wurden allesamt im zweiten Quartal abgeschlossen.
Den größten Umsatzanteil nach Teilmärkten verbuchte im ersten Halbjahr mit 35 % die City. Stuttgart-Nord mit 26 % und Stuttgart-Ost mit 14 % komplettieren die Top 3. Vaihingen (knapp 7 %) und Bad Cannstatt (knapp 4 %) folgen auf den Plätzen. "Die B-Lagen leiden stärker unter dem Umsatzrückgang als die City. Eine Ausnahme ist Bad Cannstatt, das mit dem Cannstatter Carrée auch in einer vermeintlichen B-Lage erstklassige Flächen bietet", so Sandro Camilli. Fast gleichauf liegen in der Umsatzstatistik die Branchen "Versicherungen" (18 %) sowie "öffentliche Verwaltung" und "Ausbildung, Gesundheit, Soziales" mit jeweils ca. 16 % an der Spitze.
Auch in Stuttgart ist den Nutzern deutlich geworden, dass sie derzeit gute Karten haben. Davon zeugt auch ein Blick auf die Qualität der angemieteten Flächen, denn rund zwei Drittel des Umsatzes entfiel im ersten Halbjahr auf Flächen erstklassiger Qualität. Allerdings sind ihre Verhandlungspartner auf der Vermietungsseite bei weitem nicht so entgegenkommend wie in den anderen deutschen Immobilienhochburgen. Die Incentives bewegen sich absolut im normalen Rahmen, von Mietpreisabschlägen in Größenordnungen von 10% können Nutzer in Stuttgart nur träumen. Denn die Eigentümer haben wenig Druck, sowohl von der Angebots- als auch von Mietseite. Bis zum Ende des Jahres werden nur ca. 4.000 m² frei verfügbare Fläche auf den Markt kommen. Erst 2010 ist mit deutlich mehr spekulativen Fertigstellungen zu rechnen. Die Spitzenmiete ist mit 18,00 Euro/m²/Monat nach wie vor stabil und wird auch bis Ende 2009 stabil bleiben. Mit 11,95 Euro/m²/Monat verbleibt die gewichtete Durchschnittsmiete Ende Juni ebenfalls auf stabilem Niveau. Rund die Hälfte aller Deals im ersten Halbjahr wurde mit Mietvertragsabschlüssen zwischen 10 und 14 Euro generiert, bei 15 % der Abschlüsse lag die Miete bei über 14 Euro/m²/Monat. Das Spitzenangebot ist weiterhin knapp, trotz leichtem Anstieg der Leerstandsquote (inklusive Untermietflächen) von April bis Juni von 6,4 % auf 6,5 %. Auch der bis Ende des Jahres erwartete Anstieg auf bis zu 7 % wird daran nichts ändern.
"Rückstellungen gibt’s aber auch bei uns, und mehr denn je machen Nutzer von ihrem Rücktrittsrecht bei Mietverträgen Gebrauch", bedauert Sandro Camilli. Und weiter: "Hätten wir nicht zwei größere Mietvertragsrücktritte in Kauf nehmen müssen, wäre ein deutlich höherer Büroflächenumsatz im ersten Halbjahr 2009 realisierbar gewesen".
Auch ohne diese "Wenns": Stuttgart präsentiert sich auch in der Krise als stabiler Markt und ohne jene quasi traditionelle Volatilität, wie sie etwa in Frankfurt an der Tagesordnung ist. Alle Parameter sind traditionell damit auch in der Krise ohne besondere Hochs und Tiefs unterwegs – vergleichbar dem Neckar, der ebenfalls nur selten von Hochwasser heimgesucht wird – und wenn, dann fällt es seines ausgeprägten Flussbetts wegen so gut wie gar nicht auf.
gi24/JLL
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