Vor wenigen Tagen warnte der Deutsche Städtetag angesichts der Krise beim Handelskonzern Arcandor («Karstadt») vor einem bundesweiten Kaufhaus-Sterben. «Warenhäuser sind wichtige Magneten in den Städten, die zu lebendigen Zentren beitragen und auch positive Effekte für den übrigen Einzelhandel auslösen», sagte Stephan Articus, Hauptgeschäftsführer des Städtetages.
«Wenn jetzt alle Hertie-Filialen geschlossen werden sollen und möglicherweise auch noch zahlreiche Karstadt-Warenhäuser vor dem Aus stehen, müssen wir eine Verödung der Innenstädte befürchten», warnte Articus. Dies müssten alle Beteiligten bei der Sanierung von Unternehmen bedenken und zwar unabhängig davon, ob sich die Politik im Fall Arcandor für oder gegen eine Bürgschaft entscheide. Gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise sei es für die Innenstädte und Stadtteilzentren «ein besonderes Problem, wenn attraktive Einzelhandelseinrichtungen wegfallen», ohne dass für die Häuser eine geeignete Nachnutzung gefunden werde.
Die Schwierigkeiten der Warenhäuser stellen allerdings nicht nur die Städte und Kommunen, sondern auch die Immobilienbranche vor Herausforderungen. Wie ist die Situation aus der Perspektive eines Handelsimmobilienberaters zu bewerten? Kemper’s Jones Lang LaSalle, die deutsche Handelsimmobiliensparte des internationalen Beratungsunternehmens Jones Lang LaSalle, zeigt Probleme bei der Kalkulation von Warenhaus-Investments auf und nennt die Strategien potenzieller Investorengruppen.
Warenhaus-Immobilien entziehen sich einer klassischen Kalkulation
Entscheidungen über Immobilieninvestments beruhen üblicherweise auf einer Renditeberechnung, der Einpreisung möglicher Risiken in der Mieterstruktur und der Berücksichtigung der baulichen Qualität. Eine entscheidende Größe ist dabei der marktübliche Kaufpreisfaktor, der als Vervielfältiger der Jahresmiete Aufschluss über den Kaufpreis gibt. Diese Vorgehensweise ist bei der Beurteilung von Warenhaus-Investments in der derzeitigen Marktsituation nicht praktikabel. Laureen Attenhauser, Kemper’s Jones Lang LaSalle:
„Die Unwägbarkeiten der Branche stellen die Berechnungsgrundlage in Form einer verlässlichen, langfristig vereinbarten Jahresmiete in Frage. Das Investorenverhalten spiegelt diese Situation wider. Zwar ist das Interesse an Warenhaus-Objekten groß. Es fehlt jedoch an nachhaltigen und belastbaren Geboten auf der Grundlage eines finanzierbaren Kaufpreises.“
Projektentwicklungsorientierter Kalkulationsansatz bei Top-Standorten
Bei Warenhäusern mit erstklassiger Lagequalität findet deshalb ein projektent-wicklungsorientierter Kalkulationsansatz Anwendung. Die Zielsetzung der Investoren besteht in der Standortsicherung und erst in zweiter Linie in der Erzielung eines stabilen Cashflow. Interessierte Investoren akzeptieren die Unwägbarkeiten um den Betreiber aufgrund des mit der Lagequalität der Immobilie verbundenen Potenzials. Attenhauser weiter:
„Der Investor stellt dem Kaufpreis und den absehbaren Umbaukosten die Miete gegenüber, die er auf Basis einer Neuvermietung prognostiziert. Die Ermittlung des Kaufpreises für das bestehende Asset basiert dann auf dem Residualwertverfahren und nicht auf langfristig stabilen Erträgen im Sinne einer cashflow-orientierten Kapitalanlage.“
Der projektentwicklungsorientierte Investor nutzt die Zeit, in welcher der Warenhausbetreiber seinen Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nachkommt, als Planungsphase. Er bereitet den Umbau vor, erwirkt baurechtliche Genehmigungen, vergibt Bauleistungen und bindet potenzielle neue Mieter. Im Idealfall decken die Mietzahlungen in dieser Zeit den Kapitaldienst des Investors. Die Gewinnrealisierung ist nachrangig. Das Risiko eines langfristigen Verbleibs des Mieters in der Immobilie wird im Rahmen der Kaufpreisfindung berücksichtigt.
Kapitalanleger mit Development-Kompetenz und reinrassige Projektentwickler als dominierende Investorengruppen
Als Investoren kommen einerseits institutionelle und private Kapitalanleger mit hoher Eigenkapitalausstattung und Development-Kompetenz sowie andererseits reinrassige Projektentwickler in Frage. Im Unterschied zu den Transaktionen der vergangenen Jahren handelt es sich dabei überwiegend um nationale Investoren. Internationale Akteure agieren dagegen sehr verhalten. Hierfür ist ausschlaggebend, dass Investments in Warenhausimmobilien ein hohes Maß an lokalem Know how und spezifischen Marktkenntnissen erfordern. Deutsche Investoren, nicht zuletzt auch die in der jeweiligen Stadt gut vernetzten „local heroes“, nutzen diesen Heimvorteil. Zum Teil gehen die beschriebenen Interessenten gemeinsam mit Finanzpartnern Joint Ventures ein.
Hohe Eigenkapitalausstattung und Entwicklungskompetenz schränken Kreis potenzieller Investoren ein
Attenhauser abschließend:
„Insgesamt bieten Warenhäuser aufgrund ihrer in der Regel hervorragenden Standortqualität und der sehr guten Infrastruktur in Form von Parkmöglichkeiten und Anlieferungsgegebenheiten interessante Investmentchancen. Der sehr hohe Investitionsbedarf erfordert eine hohe Eigenkapitalausstattung und vor allem Projektentwicklungskompetenz. Von herausragender Bedeutung ist zudem ein tragfähiges Kontaktnetzwerk vor Ort. Diese Voraussetzungen schränken die Zahl möglicher Investoren naturgemäß ein. Trotz der erschwerten Renditeberechnung und schwieriger Finanzierungsbedingungen ist aber ein gute Investmentnachfrage im Markt festzustellen.“
gi24/uk, KJLL
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