Von Markus Gotzi
Die Hoffnungen waren groß. Der Real Estate Investment Trust (REIT) sollte Deutschlands Immobilienmärkte ankurbeln. Die Branche versprach sich viel von den speziellen, steuerbegünstigten Aktien und schätzte das mögliche Volumen auf 100 Milliarden Euro. Warum auch nicht? Nahezu alle großen Unternehmen hatten entsprechende Pläne in der Schublade. Doch passiert ist nicht viel. Zu viele Vorschriften, zu viele Einschränkungen und vor allem die durch die geplatzten Hauskredite in den USA ausgelöste, weltweite Finanzkrise verschafften der neuen Asset-Klasse einen Fehlstart. Auch Hannover Leasing hatte zunächst auf den REIT gesetzt, inzwischen aber Abstand davon genommen.
Die für eine neue Immobilien-AG gedachten Objekte werden anders verwertet – in einem geschlossenen Fonds. Zum Beispiel im aktuellen Angebot „Substanzwerte Deutschland 4“. Zeichner finanzieren drei Gebäude in Hamburg, Bad Homburg und Leipzig.
Objekte: Ursprünglich für den REIT gedacht waren ein Neubau in Bad Homburg und eine Büroimmobilie in Leipzig. Alleinige Nutzerin des dortigen Verwaltungsgebäudes ist die Deutsche Bahn AG. Sie nutzt es bereits seit der Fertigstellung im Jahr 1998 als eine von sieben Betriebszentralen, um das deutsche Schienennetz zu steuern. Die Lilly Pharma Holding ist mit einem Anteil von 85 Prozent Hauptmieterin im Bad Homburger Fondsobjekt. Zwölf Prozent der Flächen sind an die Linotype GmbH vermietet, eine Tochter der Heidelberg-Gruppe. Die dritte Immobilie im Fonds befindet sich in Hamburg. Das „Süd Carrée“ liegt im Stadtteil Hammerbrook und wird zu 77 Prozent von der Veolia Umweltservice GmbH genutzt, ein internationales Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Wasser, Entsorgung, Energie und Verkehr.
Süd Carrée in Hamburg Hammerbrook | Lilly Pharma in Bad Homburg |
Standorte: Hammerbrook wird von Hamburger Marktteilnehmern als „hidden champion“ bezeichnet. Der Stadtteil überzeugt vor allem mit günstigen Büromieten. Für Neubauten werden 12,60 Euro gezahlt – die Hälfte der in der Hafen-City üblichen Spitzenmiete. Veolia überweist dem Fonds 13 Euro. Marktkonform sind auch die Einnahmen in Bad Homburg, einem soliden Standort mit wenig Leerstand. Der Vertrag mit der Bahn AG im Leipziger Objekt stammt aus dem Jahr 1998. Damals waren die Mieten teurer als heutzutage. Daher zahlt die Bahn für die Nutzung der Büros mehr als die inzwischen üblichen elf Euro in vergleichbarer Lage. Bei einer Anschluss- oder Neuvermietung in zehn Jahren dürften sich die Einnahmen dem niedrigeren Marktniveau anpassen. Süd Carrée in Hamburg Hammerbrook.
Mietverträge: Die Bahn bleibt noch bis 2018 am Standort in Leipzig. Der Kontrakt mit Veolia in Hamburg läuft zehn Jahre, wobei das Unternehmen für gut die Hälfte der insgesamt rund 9.700 Quadratmeter nach fünf Jahren ein Sonderkündigungsrecht geltend machen kann. Lilly Pharma hat in Bad Homburg für 15 Jahre unterschrieben. Die Bonität der wichtigsten Nutzer ist in Ordnung. Die Wirtschaftsauskunftstei Creditreform bescheinigt ihnen „sehr gute Bonität“. Alle Mietverträge sind indexiert und steigen in Abhängigkeit der Inflationsrate. Hannover Leasing geht in seiner Prognoserechnung davon aus, dass die Einnahmen bis zum geplanten Verkauf der drei Immobilien nach 15 Jahren um rund 28 Prozent steigen. Das ist zurückhaltend kalkuliert.
Kalkulation: Die Gesamtinvestition inklusive aller Kosten summiert sich auf knapp 155 Millionen Euro. Private Anleger und Banken beteiligen sich jeweils zur Hälfte. Die Zinsen der Darlehen sind sieben bis zehn Jahre lang festgeschrieben und liegen im Schnitt bei rund 5,5 Prozent. Anschließend rechnet Hannover Leasing mit 5,75 Prozent weiter – eine leicht optimistische Einschätzung. Die Tilgung beginnt mit einem Prozent erst 2013. Hier dreht der Initiator an einer Stellschraube, um die Ausschüttungen zu erhöhen. Weil der Anteil der Fremdfinanzierung jedoch vergleichsweise gering ist, fällt der Punkt nicht arg ins Gewicht. Schwerer wiegt die magere Instandhaltungs-Rücklage. Insgesamt knapp 3,5 Millionen Euro innerhalb von 15 Jahren für drei Gebäude sind nicht besonders viel. Lilly Pharma in Bad Homburg.
Erträge: Anleger erhalten Ausschüttungen von anfänglich 5,5 Prozent, die bis auf 6,5 Prozent in späteren Jahren steigen sollen. Geht die Rechnung des Initiators auf, summieren sich die gesamten Rückflüsse auf 222 Prozent innerhalb von 15 Jahren. Zeichner mit Höchststeuersatz erzielen nach allen Abzügen ungefähr eine Verdoppelung ihres Einsatzes. Damit es dazu kommt, müssen potenzielle Käufer das 14,7-fache bis 16,4-fache der eingeplanten Jahresnettomieten zahlen. Das ist optimistisch kalkuliert. Mindestvoraussetzung ist natürlich, dass die Objekte dann tatsächlich gut vermietet sind.
Weiche Kosten: Provisionen und sonstige Vergütungen summieren sich auf knapp 14,5 Millionen Euro. Das sind 19 Prozent bezogen auf das Eigenkapital inklusive Agio. Der Vertrieb kassiert im Durchschnitt 10,5 Prozent. Damit ist der Fonds bezüglich der Kosten kein Schnäppchen, sondern ein durchschnittliches Angebot.
Steuern: Private Investoren erzielen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Ein beispielhafter Anleger mit 10.000 Euro Beteiligungssumme zahlt über die Laufzeit bei einem Gesamtergebnis von rund 22.000 Euro knapp 1.800 Euro Steuern. Anbieter: Hannover Leasing ist ein erfahrener Fondsinitiator mit bislang guter Leistungsbilanz. Rund 46.400 Investoren haben 8,2 Milliarden Euro Eigenkapital angelegt und damit Gesamtinvestitionen von 15,2 Milliarden Euro finanziert. Drei Viertel der Anteile an der Hannover Leasing gehören der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale.
Meiner Meinung nach … Ein Deutschland-Fonds mit Substanz nach bewährtem Rezept: Gebäude an guten Standorten, finanzkräftige Mieter, lang laufende, indexierte Verträge. Natürlich stecken auch in diesem Angebot einige Fragezeichen: Können die Immobilien nach Ablauf der Verträge wie geplant weiter vermietet werden? Findet sich ein Käufer, der die kalkulierten Preise zahlt? An manchen Stellen ist der Fonds zudem etwas optimistisch kalkuliert. Dennoch ein Angebot, das für unternehmerisch denkende Immobilieninvestoren durchaus in Frage kommt.
Quelle: Der Fondsbrief, Nr. 7, 22.08.2008
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