Interview mit dem Vorstandschef mfi AG – Die Rezession bietet sogar Chancen zur weiteren Expansionsion.
Chefredakteurin Ruth Vierbuchen des Handelsimmobilen Reports (HIR) im Gespräch mit Matthias Böning, Vorstandschef der Management für Immobilien AG – mfi AG in Essen.
Handelsimmobilien Report: Wie stellt sich die Lage auf dem deutschen Markt für Shopping-Center dar?
Matthias Böning: Die Finanzkrise hat bislang keine spürbaren Auswirkungen auf gut gemanagte Shopping-Center an zentralen Standorten. Denn: Ihr Erfolg beruht nicht auf konjunkturellen Entwicklungen. So ist das Wachstum der Center in den vergangenen Jahren auch nicht auf den wirtschaftlichen Aufschwung zurückzuführen. Deutsche Konsumenten geben traditionell weniger für Konsum aus als Konsumenten anderer europäischer Länder. Sie haben es auch in den vergangenen Boom-Jahren nicht getan, davon zeugt, laut GfK, das nur magere Wachstum von 1% in den vergangenen vier Jahren. Mit einem ausgewogenen, auf den Standort zugeschnittenen Mietermix und mit hoher Managementqualität, die nicht nur den laufenden Betrieb, sondern auch das Marketing, aber vor allem die Weiterentwicklung und Nachvermietung betrifft, können Shopping- Center krisenunabhängig erfolgreich sein und bleiben.
HIR: Gilt dies auch für Standorte, die zwar zentral gelegen sind, aber im Umfeld mit sozialen Problemen konfrontiert werden?
Böning: Ja. Allein das Beispiel unserer Köln-Arcaden im Stadtteil Kalk dient hier als Beleg. Dort liegt die Arbeitslosigkeit bei fast 27%. Im Vergleich zum ersten vollen Wirtschaftsjahr hat sich der Umsatz der Arcaden 2008 um 18,23% erhöht. Auch die Neukölln Arcaden im gleichnamigen Berliner Stadtteil weisen bei ihrem Umfeld ähnliche soziale Defizite auf. Der Bevölkerungsanteil ohne Bildungsabschluss liegt bei 30, die Arbeitslosigkeit bei ca. 23%. Nach unserer Übernahme der Arcaden 2002 konnten wir den Umsatz im Vergleich von Ende 2003 zu Ende 2008 um gewaltige 120% steigern.
HIR: Stichwort Projektentwicklung. Derzeit werden viele Pläne gestoppt oder auf Eis gelegt. Wie beurteilen Sie die Situation allgemein und aus Sicht der mfi?
Böning: Schwierig ist vor allem die Finanzierung neuer Projekte. Dies gelingt wegen des hohen Investitionsvolumens mit regionalen Banken nicht. Aber auch Großbanken sind hier derzeit sehr zurückhaltend. Auch bei mfi ist diese Entwicklung nicht ohne Wirkung geblieben. Bei unserem Projekt „Höfe am Brühl“ in Leipzig ist uns unser Investor, ein Pensionsfonds aus Übersee, kurzfristig abgesprungen. Wir haben aber einen Weg gefunden, das Projekt anderweitig finanzieren zu können. Denn: Es gibt inzwischen auch wieder ein paar positive Signale. Insbesondere private Investoren, offene Immobilienfonds, aber auch Häuser geschlossener Immobilienfonds fragen verstärkt nach. Darüber hinaus bietet die Rezession sogar Chancen zur weiteren Expansion, da insbesondere Grundstückpreise deutlich sinken. Mfi hat in den vergangenen Monaten bereits einige Grundstücke erworben, zuletzt in Göppingen.
HIR: Welche Gründe sprechen eigentlich genau für ein großes finanzielles Engagement in ein Shopping-Center?
Böning: Der Hauptgrund heißt Konjunkturresistenz. Außerdem achten wir schon seit geraumer Zeit bei allen Arcaden-Projekten darauf, möglichst nur noch Mietverträge mit einer jährlichen Anpassung abzuschließen. Eine solche Indexierung bietet Inflationsschutz und Ertragssicherheit. Hinzu kommt, dass Büroimmobilien oft mit Leerständen zu kämpfen haben. Hier fehlt vor allem die Prognosesicherheit, ob Objekte noch langfristig vermittelbar sind. Viele Mieter warten noch ab, wie sich die Wirtschaft weiter entwickeln wird. Erst dann entscheiden sie, ob sie Mietverträge verlängern. Mietflächen in attraktiven Shopping-Centern werden im Gegensatz dazu nach wie vor stark nachgefragt. Unsere Mieter H&M, Esprit, Deichmann oder McPaper sowie viele Discounter setzen weiter auf Expansion.
HIR: Es gibt aber in Ihrer Branche auch zahlreiche Sorgenkinder. Was haben die falsch gemacht?
Böning: Rund 50% aller deutschen Shopping-Center sind sanierungsbedürftig. Dabei handelt es sich oft um Center, die zu klein sind. Tendenziell wird es mit weniger als 15 000 qm problematisch. Auch Center, die nicht den richtigen Mietermix bieten, werden es schwer haben. Bei den sanierungsbedürftigen Einkaufszentren dürfte die Finanzkrise auch direkte Auswirkungen haben, da es den Betreibern an Kapital zur Erneuerung fehlt – auch wenn der Standort attraktiv ist.
HIR: Wenn Projektentwicklungen ins Stocken geraten, können Komplettanbieter wie die mfi andere Unternehmensbereiche in den Fokus rücken. Was sind Ihre Schwerpunkte in diesem Jahr?
Böning: Dienstleistungen, wie Centermanagement, Vermietung oder Revitalisierung, werden gerade in dieser Zeit von vielen Eigentümern verstärkt nachgefragt. Bei über 20 Objekten besitzen wir auf diesem Sektor reiche Erfahrung und sind ein interessanter Ansprechpartner. Aktuell führen wir im Auftrag der MEAG eine Revitalisierung in Hamburg-Rahlstedt durch, wo wir das in die Jahre gekommene Rahlstedt Center nach einer deutlichen Erweiterung in die Rahlstedt Arcaden verwandeln wollen.
HIR: Die mfi AG hat Ende 2007 mit dem Joint-Venture avm mfi partners den Fuß auf den türkischen Markt gesetzt. Wie kommen Sie da voran?
Böning: Wir haben uns auf dem Markt als Centermanager und Vermieter bereits in insgesamt 14 Objekten erfolgreich etabliert. Projektentwicklung und –management befinden sich zwar noch in der Startphase, aber auch da sind wir auf gutem Weg. HIR: Geht Ihre Internationalisierung auch über die Türkei hinaus? Böning: Natürlich. Besonders beobachten wir die Märkte im Osten Europas, vor allem im Südosten.
gi24/HIR, Nr. 43
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