Teuer, begehrt und in Deutschland einzigartig, die bayerische Landeshauptstadt ist das Maß aller Dinge, wenn es um die besten Lagen der deutschen Fußgängerzonen geht. Nirgendwo sonst ist es so schwer, ein Ladenlokal zu ergattern. Nirgendwo sonst halten die Eigentümer so eisern an ihren Immobilien fest. Eine enorme Wirtschaftskraft, die zentrale Lage der Einkaufsstraßen sowie der hervorragende Zustand der Immobilien sind nur einige Gründe für den Boom der letzten Jahre. Einzelhändler, Investoren und Entwickler stehen sprichwörtlich Schlange, um an geeignete Flächen, hochwertige Anlageimmobilien oder Grundstücke mit Entwicklungspotential zu gelangen. Das treibt die Preise – und zwar gewaltig.
Bis zu 360 Euro kann der Quadratmeter eines Ladenlokals auf der Kaufingerstraße mittlerweile an Miete kosten. Allein den letzten zehn Jahren hat sich der Mietzins damit mehr als verdoppelt. Und ein Ende der Entwicklung ist nicht abzusehen, denn „im internationalen Vergleich ist das noch relativ günstig“, sagt Guido Kleinschmidt, geschäftsführender Gesellschafter bei LÜHRMANN München. „Auf New Yorks Fifth Avenue, an der Causeway Bay in Hong-Kong, aber auch auf den Pariser Champs Elysées sind die Mieten mitunter zu dreimal so hoch.“ Doch die Attraktivität der Münchner Innenstadt misst sich nicht nur am Mietpreisniveau. Ob geringe Arbeitslosenquoten, überdurchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen oder steigende Beschäftigungs- und Bevölkerungszahlen, München ist Deutschlands führende Wirtschaftsmetropole und zählt zu den größten Industriestandorten Europas. Gleichzeitig besuchen jedes Jahr mehrere Millionen Touristen die selbstbetitelte Weltstadt mit Herz. Davon profitiert auch der Einzelhandel. Ausgehend vom Marienplatz erkunden tagtäglich tausende von Menschen die hier unmittelbar angrenzenden Hauteinkaufslagen.
Ein weiterer Standortvorteil ist die traditionelle Innenstadtstruktur, die sich, anders als etwa in Berlin, noch auf einen zentralen Stadtkern konzentriert. Die Hohenzollernstraße und die Leopoldstraße in Schwabing ausgenommen, findet Münchens hochwertiger Einzelhandel nahezu ausschließlich innerhalb der Eckpfeiler Karlstor, Sendlinger Tor, Isartor und Feldherrnhalle statt. Regionale Konzepte wie Ludwig Beck, der Herrenausstatter Hirmer oder weitere Traditionshäuser wie Konen oder Lodenfrey stehen dabei Seite an Seite mit international erfolgreichen Filialunternehmen. Mehr noch, die Branchenstruktur ist ungewöhnlich heterogen, vom klassischen Einzelkämpfer über regionale Händler bis hin zu internationalen Filialunternehmen und weltweiten Luxusanbietern ist alles vertreten.
Aktuelle Projekte
Nach langem Rätselraten um die zukünftige Gestalt des Hauses an der Weinstraße 8 steht H&M offiziell als Mieter der kompletten Immobilie fest. Die Schweden sicherten sich das exklusive Ladenlokal zwischen Rathaus und Frauenkirche sowie sämtliche weitere Flächen des Gebäudes langfristig. Noch schützt ein hoher Bauzaun die Umbauarbeiten im Bestand des unter Ensembleschutz stehenden Geschäftshauses, das nach dem Krieg originalgetreu wieder aufgebaut wurde.
An der Stelle des ehemaligen Kaufhausgebäudes an der Neuhauser Straße 19-21 entsteht derzeit das Josef-Pschorr-Haus. Erst kürzlich feierte die Schörghuber Unternehmensgruppe Richtfest. Geplant ist ein Geschäftshaus mit rund 19.000 Quadratmetern Einzelhandelsfläche, fünf Obergeschossen, Erdgeschoss und vier Untergeschossen. Neben dem spanischen Modeanbieter Mango, der auf über 2.000 Quadratmetern den größten Store weltweit eröffnen wird, sicherte sich das US-amerikanische Label Forever 21 ein rund 7.000 Quadratmeter großes Ladenlokal sowie das Sportfachgeschäft SportScheck rund 10.000 Quadratmeter Fläche.
Für Mango wird das der zweite Streich innerhalb kurzer Zeit. Erst vor wenigen Wochen bezogen die Spanier das ehemalige 700-Quadratmeter-Ladenlokal des Damenmodegeschäfts Maendler in der Theatinerstraße 7. Etwa zur gleichen Zeit eröffnete auch die Porsche Design Group einen Store unweit des Marienplatzes in der Dienerstraße 17. Auf den einstmaligen 220 Quadratmetern des Rosenthal-Studios präsentiert nun die Design-Tochter des Autobauers Uhren, Sonnenbrillen, Taschen und weitere Accessoires.
Mit einem weitaus größeren Uhren-Angebot eröffnete indes der zum LVMH-Konzern gehörende Schweizer Hersteller Tag Heuer in der Theatinerstraße 44 seinen ersten Store in Deutschland überhaupt. Hier befand sich bis dahin die Parfümerie Sahling.
Mit der näher rückenden Fertigstellung der Hofstatt wird die gesamte dortige Einkaufslage zunehmend attraktiv für den Einzelhandel. Auch weil die davor liegende Sendlinger Straße gleichzeitig zur Fußgängerzone wird, sind die Ladenlokale in diesem Bereich derzeit sehr begehrt. Zuletzt mietete der Laufsport-Spezialist Runners-Point ein 200-Quadratmeter-Ladenlokal an der Sendlinger Straße 58. Im Frühjahr 2013 will das Unternehmen hier sein neues, speziell auf Läufer zugeschnittenes Konzept Run² vorstellen.
Apropos Hofstatt, seit Projektbeginn reißen die erfolgreichen Vermietungsmeldungen der insgesamt rund 14.000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche nicht ab. Allen voran hat Abercrombie & Fitch einen Mietvertrag für die mit mehr als 3.300 Quadratmeter weltweit größte Filiale unterzeichnet. Darüber hinaus stehen schon jetzt viele weitere hochkarätige Einzelhändler fest, etwa die Abercrombie-Tochter Hollister, der exklusive Herrenausstatter Gant, der Wohnaccessoires-Anbieter Depot mit neuem Konzept, die schwedische Sportswear-Marke J.Lindeberg oder das Adidas-Konzept Neo. Als erster Mieter bezog übrigens schon im August der Möbel- und Wohnaccessoiresanbieter Lambert ein zweistöckiges 600-Quadratmeter-Ladenlokal mit Front zur Hackenstraße. Im Fahrwasser des Projekts wird das gesamte Viertel bis zum Sendlinger Tor aufgewertet. Die vor wenigen Jahren noch als Rue de Galopp des Rotlichtmilieus verunkte Sendlinger Straße hat somit gute Chancen, sich zur schicken Flaniermeile internationalen Formats zu wandeln.
Louis Vuitton bringt unterdessen weiteren Glanz an den Max-Jospeh-Platz. Noch in diesem Jahr sollen die Bauarbeiten an der alten Residenzpost enden und das LVMH-Flaggschiff einen 1.500 Quadratmeter großen Store eröffnen. Gleichzeitig verlegt das Luxusunternehmen den administrativen Deutschlandsitz der Gruppe in das Gebäude vis-à-vis der Residenz. Zudem ist die Eröffnung einer Ausstellungsfläche für zeitgenössische Kunst im denkmalgeschützten Trakt des Palais geplant.
Neben der Innenstadt gewinnt auch der Einzelhandel im noch immer angenehm studentisch geprägten Schwabing weiterhin an Bedeutung. Zuletzt eröffnete der Dessous- und Wäschespezialist Calida seinen ersten Laden in der Hohenzollernstraße. Das Schweizer Unternehmen mietete ein Ladenlokal mit rund 100 Quadratmetern Gesamtfläche in dem Geschäftshaus Hohenzollernstraße 17. Bislang befand sich dort der regionale Damenmodenanbieter Quadrat. Darüber hinaus werden die drei aktuellen Projektentwicklungen an der Leopoldstraße 23, der Leopoldstraße 37 sowie an der Leopoldstraße 57 die als Schwabinger T bekannte Triangel aus Hohenzollernstraße und Leopoldstraße weiter aufwerten.
Weitere Entwicklung
Münchens beste Innenstadtlage breitet sich aus. In Ermangelung freier Ladenlokale zog es viele Einzelhändler zuletzt in eine gut frequentierte B-Lage. Infolgedessen entwickelten diese sich wiederum zur A-Lage. Somit gilt heute fast die gesamte Innenstadt Münchens als Bestlage. Ladenlokale: Mangelware. Den Engpass können selbst Großprojekte wie die Hofstatt oder die Entwicklung des Joseph-Schorr-Hauses nicht abbauen.
„Um ein Ladenlokal in der Münchner Innenstadt zu ergattern, zahlen die Interessenten daher wieder häufiger Key Money“, berichtet LÜHRMANN-Geschäftsführer Kleinschmidt. „Oder man wird kreativ und fängt an, bestehende Häuser zu entwickeln. H&M macht das gerade am Marienhof vor“, so der Einzelhandelsimmobilienspezialist weiter. Im konkreten Fall hatte LÜHRMANN den Mieter und die Hauseigentümer von der ersten Projektidee im Jahre 2009 über die Mietflächenplanung bis hin zum endgültigen Vertragsschluss umfassend begleitet und beraten.
Die Immobilien in der Münchner Innenstadt werden dadurch noch interessanter, als sie es sowieso schon sind. Weiterhin steigende Kaufpreisfaktoren sind die Folge, nur im Einzelfall werden Prestigeobjekte veräußert. Teuer, begehrt und in Deutschland einzigartig, so ist der aktuelle Zustand der Einzelhandelsimmobilien in Münchens Innenstadt – und so wird er auch in Zukunft bleiben.