Von Susanne Klaußner. In Deutschland gibt es derzeit rund 50 000 Fachmarktstandorte. Davon 15 000 Standorte für Lebensmitteldiscounter sowie 22 000 Standorte im Bereich Vollsortiment und SB-Warenhaus.
Hinzu kommen ca. 414 Shopping-Center. Für 2009 sind über 600 neue Standorte geplant, die jedoch teilweise bestehende Altstandorte ersetzen. Der Einzelhandelsbesatz steigt damit konstant. Im Gegenzug werden die Kommunen in einigen Bundesländern, beispielsweise in Nordrhein-Westfalen und Berlin, auf Grund der starken Expansionsbemühungen immer restriktiver bei der Neuausweisung von Handelsstandorten. Für Immobilieninvestoren bietet dies die Möglichkeit, durch Umnutzungen und Standorterweiterungen sowie Revitalisierungen bestehende Shopping-Center-Standorte aus den 70er und 80er Jahren, ehemalige Baumarktstandorte oder große SB-Warenhäuser, wie z. B. die früheren Wal-Mart-Standorte, zu revitalisieren oder durch Umnutzungen einer neuen und zeitgemäßen Nutzung zuzuführen.
Von großer Bedeutung für solche Umnutzungen oder Revitalisierungen sind zunächst natürlich die Lage des Bestandsobjektes und die bestehende bzw. zukünftige Infrastruktur. Gerade bei Einzelhandelsimmobilien sind die Entwicklung des Standortes und die Veränderung der Konkurrenzsituation von entscheidender Bedeutung für weitere zukunftsträchtige Handelsnutzungen. Wird z. B. ein 20 Jahre alter Baumarktstandort vom Erstmieter auf Grund veränderter Größenanforderungen geräumt und der Investor bemüht sich um eine Neukonzeption, ist es von eminenter Bedeutung, wie sich die Konkurrenzsituation am Standort verändert hat. Viele Kommunen sind inzwischen auch im Baumarktsegment mehr als ausreichend versorgt. Bei eingetrübter Wirtschaftslage und negativer demografischer Entwicklung vor Ort muss dann mit verschärftem Verdrängungswettbewerb und damit auch der Aufgabe einzelner, nicht mehr den Umsatzerwartungen entsprechender Standorte gerechnet werden.
Anstelle der neuerlichen Ansiedlung eines Baumarktes kann es dann sinnvoller sein, Nachnutzer aus dem Bereich baumarktnaher Fachmärkte zu suchen, wie etwa Raumausstatter, Matratzen- und Möbelmärkte oder Gartencenter. Bei der Suche nach möglichen Alternativnutzungen ist zunächst darauf zu achten, dass das jeweils geltende Baurecht die Möglichkeit der Erweiterung einzelhandelsrelevanter Nutzung bzw. alternative Nutzungen zulässt. Eine Baurechtsänderung würde im Bestandsobjekt schließlich dazu führen, dass das Objekt über einen längeren Zeitraum leer steht, bis die Nachnutzung genehmigt wurde. Ein derartiger Mietausfall und damit Verlust von operativem Cash Flow ist im Businessplan kaum darstellbar. Zum anderen ist zu prüfen, wie sich der Standort in den letzten Jahren demografisch entwickelt hat und welche Zielgruppen, Bevölkerungs – und Altersschichten vorwiegend angesiedelt sind. In Verbindung mit dem vorhandenen Einzelhandelsbesatz ist hier der neue Mieter oder der neue Mietermix mit dem größten Erfolgspotenzial zu identifizieren. Investoren sind in der aktuell starken Expansionsphase der Einzelhändler gut beraten, sich nicht nur auf deren Anmietungsinteresse zu verlassen, sondern selbstkritisch Marktpotenziale zu prüfen, da die Mieter den Verdrängungswettbewerb und damit die vorzeitige Aufgabe von Standorten im Kampf um Marktanteile notfalls in Kauf nehmen.
Auch wenn dies derzeit noch eher die Ausnahme als die Regel ist:
Option 1:
Mieter halten, Fläche aufwerten: Besteht die Möglichkeit, einen vorhandenen Fachmarkt zu erweitern, der erfolgreich am Markt eingeführt ist und vom Mieter in neuem zeitgemäßen Format fortgeführt wird, ist dies sicherlich die optimale Ausgangssituation. Hier kann durch eine Flächenerweiterung und ein neues Erscheinungsbild die Bestandsimmobilie wieder dauerhaft attraktiv betrieben werden; und der Cash Flow wird demzufolge für eine Periode von 10 bis 15 Jahren gewährleistet. Ein Mieterwechsel und die damit verbundene Anlaufphase entfallen.
Option 2:
Neukonzeption und veränderter Mietermix: Ist der Bestandsmieter aufgrund sich verändernder Flächenanforderungen nicht mehr bereit, trotz Umbau oder Erweiterungsmaßnahmen am Standort zu bleiben, dann gilt es sich damit zu befassen, welche Alternativnutzer für das Objekt in Frage kommen und mit welchen Umbauten dies verbunden ist. So kann auch durch eine Neukonzeption mit einem veränderten Mietermix eine wiederum lang vermietete, attraktive Immobilie geschaffen werden, die einen langfristigen Cash Flow sichert.
Option 3:
Andere Nutzungen, neue Horizonte: Im „worst case“ muss der Investor bei veralteten Standorten, die nicht erweitert oder sinnvoll um genutzt werden können, z. B. auf Grund einer sich völlig verändernden Einzelhandelssituation am Standort oder der zwischenzeitlich entstandenen Konkurrenz, auf eine völlig andere Nutzung einstellen. Dies kann im ungünstigsten Fall dazu führen, dass Nutzungen in einer anderen Immobilien-Assetklasse als Lösungsansätze zu verfolgen sind, wie z. B. die Realisierung einer Wohnbebauung oder eine andere gewerbliche Nutzung.
Option 4:
Flächenverteilung auf verschiedene Frequenzbringer: Stimmen die Rahmenbedingungen, so lassen sich frühere Einzelhandelsvollsortiment-Standorte gut von Discountern nutzen, die im Allgemeinen nicht mehr als 1 000 qm Verkaufsfläche benötigen. Einzelhandelsdiscounter-Flächen können durch Flächenteilung von Fachmärkten im Non-Food-Bereich (ca. 300 bis 600 qm Flächenbedarf je nach Standortpotenzial) und sog. 1-Euro-Fachmärkten weiter genutzt werden; schließlich gibt es auch Nachfrager, die ausschließlich als Zweit- oder Drittnutzer in Frage kommen, wie z. B. Restposten- oder Sonderpostenmärkte, die zum Teil inzwischen mit durchaus attraktiven Ladenkonzepten aufwarten und die Frequenz am Standort erhöhen.
Fazit: Einzelhandelsfachmarktstandorte haben grundsätzlich gute Aussichten auf sinnvolle Nachnutzungen oder Umnutzungen, wenn der Investor bereit ist, mit der Zeit zu gehen und – vor allem – sich gezielt mit dem lokalen Einzelhandelskontext zu befassen. Ein gelungenes Refurbishment passt die Immobilie nicht allein im baulichen Erscheinungsbild neuen Anforderungen an, sondern trägt auch einer eventuell geänderten Konkurrenzsituation am Standort Rechnung und setzt gegebenenfalls ganz neue Prioritäten im Mietermix. Unter diesen Prämissen profilieren sich Einzelhandelsstandorte als langfristig und nachhaltig attraktive Immobilieninvestments. (Gi24/HIR, Nr. 60)
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